: Wintergärten ohne Genehmigung bauen
■ Weniger Bürokratie und mehr Ökologie und Soziales für die neue Landesbauordnung
Bauen in Bremen soll weniger bürokratisch, viel ökologischer sowie behinderten- und altengerechter werden. Das ist das Ziel einer neuen Landesbauordnung, dessen Entwurf Baustaatsrat Jürgen Lüthge gestern vorstellte. Mehr als zwei Jahre hat sich eine Arbeitsgruppe der Baudeputation mit der Entrümpelung der Bauordnung beschäftigt, herausgekommen ist ein daumendicker Gesetzentwurf, der jetzt in die Diskussion geht. Ein Drahtseilakt, denn einerseits sollte das Bauen billiger werden, andererseits ist der ökologische und soziale Fortschritt zum Nulltarif nicht zu haben. Und schon jetzt ist absehbar, daß es hoch hergehen wird, wenn die Bauwirtschaft und die Umweltverbände den Entwurf in die Finger bekommen.
„Keine Umweltrevolution“ sei das, das gibt auch Lüthge zu, aber doch ein echter Fortschritt. Sollten die Vorschläge durchgesetzt werden, dann dürfen die BremerInnen in Zukunft eine ganze Reihe von Bauvorhaben ohne lästige Behördengänge und Genehmigungsprozeduren durchführen. Völlig genehmigungsfrei können dann zum Beispiel Dachgeschoßausbauten in Gebäuden von geringer Höhe und kleinere Wintergärten gebaut werden. Zurückziehen will sich die Baubehörde auch bei Gebäuden mit bis zu drei Geschossen Höhe. Solche Vorhaben sollen nur noch nach drei Aspekten überprüft werden: Abstände zu anderen Gebäuden und Grundstücksgrenzen, Spielplätze und Stellplatzpflicht für Autos. Höhere bürokratische Hürden gibt es dann nicht mehr.
Die Abstände zu den Nachbarn spielen auch eine Rolle, wenn es darum geht, das Bauen ökologischer zu machen. Während in anderen Bundesländern Gebäude so weit voneinender weg stehen müssen, wie sie hoch sind, will Bremen diesen Abstand auf das 0,6fache der Haushöhe verringern. Vorteil: Es kann verdichteter gebaut werden, die Bauträger müssen nicht unbedingt auf die grüne Wiese ausweichen. Auch wenn in den neuen Öko-Baubestimmungern längst nicht alle Wünsche der UmweltschützerInnen aufgenommen sind – eine überfällige Neuerung ist doch dabei: Die Gelder, die ein Häuslebauer bezahlt, wenn er keinen Autoparkplatz zur Wohnung nachweisen kann, sollen demnächst auch zum Bau von Fahrradabstellplätzen und zur Förderung des Öffentlichen Nahverkehrs eingesetzt werden dürfen. Beim Öko-Wunschzettel ganz oben standen zum Beispiel schärfere Gesetze zum Wassersparen. Übrig geblieben ist, daß in Zukunft in allen neugebauten Wohnungen eigene Wasserzähler eingebaut werden müssen. Der nachträgliche Einbau sei zwar sinnvoll, aber, so Lüthge „viel zu teuer“.
Viel zu teuer wären demnach auch die Vorstellungen der Behindertenverbände, jeden Neubau gleich behindertengerecht auszustatten. Dafür soll nach der neuen Verordnung in Zukunft in jedem Neubau mit mehr als zehn Wohnungen mindestens ein Geschoß „barrierefrei“ sein.
Der Entwurf geht jetzt in die Beratungen. „Im nächsten Frühjahr soll das Gesetz in Kraft treten“, so Lüthge. J.G.
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