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Querspalte

Winkewinke, bis dann dann, hihi!

Endlich ist es so weit. Das Herz rast, die Hände sind feucht, Tränen der Freude rinnen das Gesicht herab. Denn da ist schon der Erste und verabschiedet sich mit der Behauptung, man sehe sich dann „zwischen den Jahren“. Meine Lieblingsformel zum Jahresende. Und diesmal kommt es noch besser: Zwei werden zusammenstehen; ein Höllenschlund tut sich auf; mit schenkelzwinkerndem Augenklopfen rollt der nahe liegendste aller Witze in die kalte Luft hinaus: „Bis die Tage zwischen den Jahrtausenden.“ Zwischen den Jahrtausenden. Höhö, höho. Nein, wie isses nur komisch. Es muss einfach heraus. Haha, haha. Nur jetzt, und dann nie wieder. Ausgesprochen, und schon vernichtet. Im Orkus der Alltagskomik. Zwischen den Jahrtausenden. Hihi, hihi.

Apropos Orkus. Kann nicht gleich ein anderer Verabschiedungsgruß mit hinabsteigen in die ewige Verdammnis? Ich wusste, dass es ein neuer Trend ist, als es zum zweitenmal am Telefon zu hören war: „Bis dann dann.“ Bis dann dann? Wie bitte? AA-Pipi-Sprech? Kinderlall? Teletubbie-Stammeln? Wie bei „Lala“? Die nur ein Wort doppelt brabbelt: „Winkewinke.“ Bis dann dann. Ist das nicht Repetition durch Nutzung der Konjunktion als Abtönungs-partikel, wenn ich mal kurz und schamlos mit meinen linguistischen Grundkenntnissen angeben darf? Oder einfacher gesagt: dumm wie Brot. Bis dann dann. Seitdem warte ich immer, dass sich jemand mit „bis bis“ verabschiedet.

Es ist genug, das Jahr fast um. Es bleibt alles, wie es ist. Und jede Geschichte findet ihr Ende. Deshalb, um versöhnlich zu schließen, zitieren wir Eichendorffs Taugenichts: „– und es war alles, alles gut!“ Oder anders gesagt: Bis bis, dann dann, die Tage zwischen den Jahrtausenden, winkewinke und, übrigens, tschüßikowsky allerseits,

                                 Michael Ringel

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