: Wilder Norden
■ Polizeiwaffe feuerte „unbeabsichtigt“: Rumäne angeschossen und abgeschoben
Petru I. ist weggelaufen, und das war sein Fehler. Nach Informationen der GAL soll ein Streifenwagen den illegalen Rumänen zwecks Ausweiskontrolle im August '96 in Wandsbek angehalten haben. Auf der Flucht sei er von der Polizei am Oberarm angeschossen und nach Krankenhaus- und Gefängnisaufenthalt im Januar abgeschoben worden. Wie, fragte der GAL-Abgeordnete Manfred Mahr den Senat, konnte das passieren?
Ganz einfach, antwortete die Innenbehörde: Der Schuß habe sich „unbeabsichtigt“ aus der Pistole eines Beamten gelöst. Außerdem habe Petru I. versucht, in einen Tabakladen einzubrechen und der Polizei Widerstand geleistet. „Unabhängig davon, daß sich der Schuß unbeabsichtigt löste, lagen für den Schußwaffengebrauch die Vorraussetzungen der Notwehr vor“, so die Senatsantwort.
GALier und Polizeihauptkommissar Mahr staunt. Denn: Eine Dienstwaffe der Polizei löst sich nicht so ohne weiteres „unbeabsichtigt“. Sie ist mehrfach gesichert. Auch das Senatsargument, man habe den Fall deshalb nicht öffentlich gemacht, weil man nur „spektakuläre Ereignisse“ vermelde, kann der „Kritische Polizist“ nicht nachvollziehen. Und zog deshalb gestern mit einer zweiten Anfrage nach: „Teilt der Senat meine Aufassung, daß es bei einer nicht vorgespannten Dienstpistole eigentlich nicht zur ,unbeabsichtigten' Schußauslösung kommen dürfte?“ will Mahr dieses Mal wissen. Der Polizeibeamte soll laut Behörde seine Waffe während der Verfolgung „zur Eigensicherung“ in der Hand gehabt haben. An Notwehr hat Mahr jedoch schon aus Gründen der Verhältnismäßigkeit seine Zweifel. „Ist der Beamte mit einer Waffe angegriffen worden?“, verlangt Mahr zu erfahren. Schließlich müßten an Polizisten höhere Anforderungen zu stellen sein, wenn es um die Wahl der Notwehrmittel ginge. Das Ermittlungsverfahren gegen den Polizeischützen wegen Körperverletzung im Amt wurde bereits eingestellt.
Silke Mertins
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