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■ III. WahlWiederholungszwang

Was läuft eigentlich in den Dritten Programmen zur Primetime? Zum Beispiel:

„Seitensprünge. Deutsch-deutsche Scheinehen“, Do., 21.45 Uhr, ORB

Schlag Mitternacht mussten Wessis mit Tagesvisum die „Deutsche Demokratische“ verlassen haben. Das galt auch bei „Ehe-Begehren“ eines „Bürgers der BRD“ in Richtung einer DDR-Bürgerin. Die Autoren Cornelia Klauß und Gunter Hanfgarn überlassen so ein deutsch-deutsches Ex-Paar seinen Erinnerungen. Ramona wollte raus, weil sie in der DDR nicht studieren durfte, was sie wollte Ihr Ex liebte sie ebenso wenig wie sie ihn, hätte aber – wenn erforderlich – anstelle einer DDR-Bürgerin auch eine Asyl begehrende kurdische Frau geheiratet.

Nun werden schlechte und mittelmäßige Filme auch durch ihre programmatische Wiederholung in den Dritten nicht besser. „Seitensprünge“ ist ein mittelmäßiger Film – das stand schon anlässlich der Erstausstrahlung zuverlässig in der taz. Jetzt bekommt er sogar eine zweite Chance, und doch: Es hilft nichts. Manne Krug besingt den Filmanfang. Das gleicht der Unsitte, jeden halbgebildeten Beitrag über jüdische Kultur mit Klezmer zu unterlegen. Aber weiter: Unsereins sitzet, schauet und grübelt. Am Thema liegt es nicht. Fast jede/r Ossi kannte eine, die nach drüben geheiratet hatte. Unsereins erinnert sich an eine schöne Rostockerin, die Antrag auf Eheschließung mit einem fetten Amerikaner stellte und danach nur noch als Fußpflegerin arbeiten durfte. Lustig war das nicht, richtig tragisch aber auch nicht, grotesk allemal: Wie machte man der Stasi klar, dass man den Feind schrecklich liebt, wenn man es gar nicht tat?

Klauß/Hanfgras versuchten die Wippe zwischen traurig, aber nicht tragisch, und grotesk abzubilden, scheiterten aber am Willen zur Unterhaltung. Ihr Film zerfasert: DDR-Schlager & -Filme, Partei-Reden, simulierte Observationskameras, und der DDR-Erklärer Hans-Joachim Maaz redet auch noch.

Das war nicht Überholen, sondern „Wiederholen ohne Einzuholen“. Anke Westphal

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