was macht eigentlich... … der Berliner? : Wieder saufen
Kollektive Gelage in banger Erwartung harter Zeiten? Haben die Berliner dem Herbst, der Jahreszeit der Melancholie, den alkoholisierten Kampf angesagt? Begießt man verdiente Lohnerhöhungen? Fragen häufen sich angesichts einer aktuellen Umfrage der Industrie- und Handelskammer. Die belegt, dass nur noch 28 Prozent der Gastronomieunternehmen einen Umsatzrückgang verzeichnen müssen. Im Herbst 2003 waren es noch 60 Prozent der Lokalitäten, denen die Kunden wegblieben. Immer mehr Menschen scheinen sich wieder ein halb volles Glas Bier leisten zu können. Was also löste diesen neuerlichen Sturm auf die örtlichen Trinkstätten aus?
Haben sich enttäuschte Hertha-Fans von den Tribünen in die Eckkneipen zurückgezogen, um berauscht über Anfang und Ende eines Erstligisten zu debattieren? Die IHK schiebt es auf die positive Entwicklung im Tourismus. Das Lexikon bestätigt, dass Rituale – und ein solches ist Alkoholverzehr – dazu dienen, die Identität einer Gruppe zu betonen. Wollen sich Touristen hier heimisch trinken? Laut Brockhaus sind Rituale bei Neurotikern ein oft zeitaufwändiges Zwangsverhalten, um Angstgefühle zu verhindern. Herr Lehmann findet in Sven Regeners gleichnamigem Roman aber, dass die Zeit durch Alkoholkonsum langsamer wird. Der Rauschmittelgenuss eine Verdrängung? „Niemals!“, sprach Herr Lehmanns Schweinehund und trank die Whiskeypfütze aus. LVS FOTO: AP