: Wieder Brandstiftungen
■ Polizei in den noch serbischen Teilen Sarajevos kapituliert, Ifor springt ein
Sarajevo/Zagreb (AFP/dpa) – Die Polizei hat gestern vor Gewalt und Plünderungen in den noch von Serben kontrollierten Stadtteilen Sarajevos kapituliert. Nach einer Serie von Brandstiftungen und Angriffen auf Zivilisten ist nunmehr die Bosnien-Friedenstruppe (Ifor) eingesetzt. Erstmals wurden Feuerwehrleute von Ifor-Einheiten in den Stadtteil Ilidza eskortiert, um die Brandbekämpfung sicherzustellen.
„Die Polizisten gehen keine Streife mehr. Sie sagen, es ist zu gefährlich, vor die Tür zu gehen“, sagte der Sprecher der UN-Polizei IPTF, Alex Ivanko. Die Bosnien- Friedenstruppe stellte nach Angaben ihres Sprechers Simon Haselock 50 Brandstiftungen fest. Nachdem Plünderer durch den Stadtteil Grbavica gezogen waren, beklagte das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR), „Recht und Ordnung“ seien „außer Kraft gesetzt“. In Ilidza und Grbavica leben nur noch einige tausend Menschen. Die älteren BewohnerInnen, sagte UNHCR-Sprecher Kris Janowski, hätten sich in ihren Wohnungen verbarrikadiert. Ilidza soll am Dienstag, Grbavica bis zum 20. März von serbischer Kontrolle in die Zuständigkeit der muslimisch-kroatischen Föderation übergehen.
Ein Sprecher der Ifor kritisierte die Führung der bosnischen Serben, sie habe es unterlassen, in den Vororten gemäß dem Dayton-Abkommen für Sicherheit zu sorgen. Der Ifor-Sprecher sagte, die Friedenstruppe werde nur bei Bedrohungen für Leib und Leben einschreiten. „Wir sind nicht hier, um den Polizeidienst für die Föderation oder die bosnischen Serben sicherzustellen.“
Die Führung der bosnischen Serben rief gestern die fliehenden BewohnerInnen der Vororte auf, die Häuser nicht anzuzünden, die sie verlassen. Begründung: In einer Woche soll gemäß Dayton-Abkommen festgestellt werden, in welchem Umfang welche Volksgruppe Güter auf einem dem anderen Teilstaat zugesprochenen Gebiet zurückgelassen hat.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen