: Wie wird Berlin zur Dienstleistungsmetropole?
■ Stadtforum debattierte wirtschaftliche Zukunft: Hohe Preise an Alex und Ku'damm sind nicht nur von Nachteil
Berlin. Stadtplaner und Wirtschaftsfachleute diskutierten Anfang dieser Woche auf dem Stadtforum »Wirtschaftlicher Wandel und räumliche Entwicklungsplanung im Großraum Berlin« — eingeladen hatte das TU- Institut für Stadt- und Regionalplanung — die gesamte Palette an Planungsthemen. Da ging es um Berlins Zukunft als »Dienstleistungsmetropole«, um den regionalen Arbeitsmarkt, die Nachfrage nach Büroflächen, die Zukunft der »Kreuzberger Mischung« (Gewerbebetriebe neben Wohngebäuden), um die geeignete Organisation eines regionalen Planungsverbandes Berlin und Umland und um eine metropolengerechte Verkehrsinfrastruktur.
Debattiert wurden überraschende Entwicklungen. So betrachtete Unternehmensberater Hans Hellberg etwa den Büroflächenmangel an Ku'damm und Alex als Chance für schlechter gelegene Standorte, sich ebenfalls zu »hochwertigen produktorientierten Dienstleistungen« zu entwickeln. Dann, so die Hoffnung, gehen Werbegraphiker und EDV- Berater auch nach Köpenick oder Spandau. Er gab zu verstehen, daß, wer polyzentrische Stadtstrukturen wünscht, nicht im großen Stile Büroflächen im Zentrum genehmigen sollte. Generell liefen alle Aussagen von Vertretern »der Wirtschaft« darauf hinaus, Staat und Stadt mögen rasch die (räumlichen) Rahmenbedingungen für privatwirtschaftliches Agieren festlegen. Mehr sollten Staat und Stadt nicht tun. Allerdings: Allzu oft hielt der Begriff »Dienstleistungsmetropole« nur als bedeutungsloses Schlagwort mit übertriebenen Erwartungen an die Zahl der Arbeitsplätze in diesen Branchen her. Immer wieder betonten die Experten die Wichtigkeit einer rasch greifenden Industriepolitik, um den großen Industrie-Crash in Ostdeutschland abzumildern und Industriearbeitsplätze zu erhalten oder neu zu schaffen. Daß wertvolle Industrieflächen derzeit von den jüngst gegründeten GmbHs oder der Treuhandgesellschaft für Einkaufszentren oder Kfz-Werkstätten verschleudert werden, wurde zumindest für Marzahn von Ines Sager vom Bezirksamt Marzahn beklagt.
Wegen der Verdrängung durch lukrativere Büros droht »die schillernde ‘Kreuzberger Mischung‚ zum Ladenhüter zu geraten« — es fiel auf, daß keineswegs alle Planer sie für erhaltenswert halten. Allerdings bestand Einigkeit darüber, daß die kleinen und mittleren Gewerbebetriebe in den Kreuzberger und Weddinger Wohngebieten über kurz oder lang kaum zu halten sein werden. Eine Subventionierung der Gewerbemieten durch die Stadt würde der Berliner Haushalt nicht hergeben können.
Die Planer forderten eine enge Kooperation der Länder Brandenburg und Berlin in Raumordnungsfragen und einen institutionalisierten Regionalplanungsverband Berlin, um zum Beispiel Einkaufszentren auf der grünen Wiese zu verhindern. Bodenpolitik für Gewerbeansiedlung und Wohnungsbau, Flächennutzungsplanung und Wirtschaftsförderung sollten die Arbeitsschwerpunkte des Verbandes sein — so Klaus-Martin Groth, Staatssekretär in der Senatsverwaltung für Umweltschutz und Stadtplanung. Daß die rund 30 Umlandgemeinden Berlins nach 40 Jahren zentraler Planung alle Einschränkungen ihrer kommunalen Autonomie durch einen Planungsverband skeptisch beäugen, wird niemanden verwundern. Aber auch gestern machte sich kaum jemand Gedanken, welche Abstriche Berlin gegenüber den Brandenburgern machen müßte. Stefan Ohnmacht
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