Kommentar: Wie im Kino
■ Bauressort erzwingt Verurteilung
Wie im Kino: Der Angeklagte reißt sich die Hemdbrust auf, stürzt auf den Richtertisch zu und schreit, man möge ihn doch gleich verurteilen, aber bittschön zur Höchststrafe und seine Kumpels da hinten auf der Anklagebank gleich dazu. Sagen Sie selbst: Ist das glaubwürdig? Ein bißchen dick aufgetragen, nicht wahr?
Genau das passiert aber im Streit um die Stader Straße. Das Bauressort verliert, weil es verlieren will. Schon vor einem Jahr hat die Bausenatorin en passant zugegeben, daß doch die Georg-Bitter-Trasse am besten sei. Und da ist es doch ziemlich bequem, wenn das Gericht ordentlich Dampf macht. Die Richter haben einen breiten Buckel, hinter dem lebt es sich gut, wenn vorne die Bürgerinitiativen meckern. Und schließlich hat ja schon der renommierte Verkehrsprofessor Schnüll die Trasse gefordert. Ohne Not übrigens, denn schließlich sollte er die Innenstadt begutachten. Für wen? Für das Bauressort. Ein Hundsfott, wer Böses dabei denkt.
So kann sich das Bauressort bequem verurteilen lassen, und vorher zieht es den Fall so hoch, daß sich der Gesamtsenat damit befassen muß. Und plötzlich ist nicht mehr die Bausenatorin für die verkorkste Verkehrspolitik an der Stader Straße zuständig, sondern erstens die Initiative Stader Straße, zweitens das Oberverwaltungsgericht und drittens der Gesamtsenat. Verurteilt mich, und die Kumpels gleich dazu! Jochen Grabler
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