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Archiv-Artikel

Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit würde seine Kinder nicht in Kreuzberg auf die Schule schicken. Diese zutreffende Bemerkung verlangt ihm kein laues Dementi ab – sondern als verantwortlichem Regierungschef Handeln

Von SR
Steht der Baker-Report für das Ende der Ära der Neocons? Nein: Bushs Administration kann nicht mehr Teil der Lösung sein, denn sie ist das Problem

taz: Was war schlecht in der letzten Woche?

Friedrich Küppersbusch: Der komplette Offenbarungseid der ARD-Programmqualität, den der Spiegel in einem präzisen, lesenswerten Aufsatz geißelte.

Was wird besser in dieser?

Die ARD kauft noch mehr Auftragsproduktionen bei Spiegel TV. Dann wird alles gut.

Der Regierende Bürgermeister von Berlin, Klaus Wowereit, würde seine Kinder nicht in Kreuzberg auf die Schule schicken. Ist das ein dümmliches Pauschalurteil – oder spricht Wowereit mutig aus, was viele Eltern praktizieren?

Beim ersten Elternabend der Grundschule im Dortmunder Süden outeten sich mir andere Eltern als Lehrer, die im Norden der Stadt unterrichten. Unsere Kinder sind in einer 17-köpfigen Klasse, sie unterrichten in 30-köpfigen Klassen mit 2/3 fremdsprachlichen Kindern. Ich habe null Interesse, meinen Sohn als bildungspolitisches Statement zu verheizen, und finde das völlig in Ordnung. Wowereits zutreffende Bemerkung verlangt ihm also kein laues Dementi ab, sondern als verantwortlichem Regierungschef – Handeln.

Die Ärzte und auch andere Berufsgruppen wollen weiter gegen die Gesundheitsreform protestieren. Haben sie Recht?

Peter Strucks Ansage, die Reform sei, jedenfalls in dem Anspruch, dass sie ein paar Jahre halten solle, schon jetzt gescheitert, steht nicht wirklich im Widerspruch zu der Protesthaltung, sie dann gleich auszutherapieren.

Was bringt die Gesundheitsreform? Hält sie das System finanzierbar, wie Ulla Schmidt meint? Oder ist es ein bürokratisches Monstrum?

Ob sie den Zusammenbruch der Finanzierung etwas aufschiebt, wird sich zeigen; einen anderen Sinn scheint sie jedenfalls nicht zu haben.

Was würden Sie tun, wenn Sie morgen Gesundheitsminister würden?

1. Kappungsgrenzen aufheben. Es ist schreiend unsozial, dass ab einer bestimmten Verdiensthöhe der Beitrag nicht mehr mitwächst. 2. Beamte und Freiberufler in die gesetzliche Krankenversicherung holen. 3. Zuzahlungsinferno beenden, volle Parität wieder anstreben. 4. Auf dieser Bemessungsgrundlage gesetzlichen Mindestleistungskatalog festschreiben. 5. Den Rest der FDP zum Spielen schenken.

Der Vorschlag der Baker-Kommission liegt auf dem Tisch: Rückzug in Raten. Wird Bush sich daran halten?

Nö, er spielt Expertenmemory: bestellt noch eine Studie beim Nationalen Sicherheitsrat und noch eine beim Generalstab. Da kann er sicher sein, nie zwei gleiche Meinungen zu finden. Was ihm wiederum erlaubt, jede Initiative, etwa Steinmeiers Gespräche, als „voreilig“ abzukanzeln.

Ist es sinnvoll, wenn das US-Militär abzieht? Oder droht dann erst recht die Eskalation der Gewalt?

Dass man aus einem Terrorregime drei Bürgerkriegsparteien machen würde – Kurden, Schiiten, Sunniten –, wussten alle vorher. Diese drei Gruppen vertrauen jeweils eher ihren Milizen als künstlich verordneter zentraler Polizei und Armee. Kann man die US-Truppen unter UN-Verwaltung stellen? Und kann die UN sie dann nach und nach gegen Friedenstruppen tauschen?

Soll Deutschland im Irak mehr tun?

Joschka Fischers Vorkriegsmahnung, er sehe „keine Exit-Strategie“, bewahrheitet sich nun täglich blutig. Es widert einen an, als Essenz der US-Außenpolitik zu ahnen: „Well, da hattet ihr wohl recht, nun räumt den Mist auf.“ Den drei Teilstaaten Erdöl- und Stationierungsgarantien für die USA abzuringen könnte die Amis zum Abzug bewegen – aber es wäre völkerrechtswidrig.

Symbolisiert der Baker-Plan das endgültige Ende der imperialen Neocons-Ära in den USA?

Und wenn? Na und? Solange Bush sein Scheitern nicht eingesteht, hilft das Symbol auch nix. Seine restlos desavouierte Administration kann nicht mehr Teil der Lösung sein, denn sie ist das Problem.

Die EU berät nächste Woche über die starre Haltung der Türkei im Zypernkonflikt. Wer ist in dem verwickelten Konflikt der Bad Guy? Die Türkei?

Ohne die damit einhergehende Anerkennung der DDR wäre die BRD nicht in die UN gekommen. Und umgekehrt. Die Frage, wer der jeweils schlimmere Finger unter den Streithähnen sei, ist historisch falsch und pragmatisch hinderlich.

Und was macht Borussia Dortmund?

Nach dem Diebstahl des Südtribünen-Banners wollen die Fanclubs ein neues, metallenes, diebstahlsicher verschraubtes anbringen. Spendenfinanziert; gewerblichen Sponsoren hat man abgesagt. So geht’s doch auch. FRAGEN: SR