: Widerstand im Hollerland
Der Dokumentarfilm „Der Traum des Gerold Janssen“ feiert heute in der Schauburg Premiere
Mit einem abgerissenen Hühnerstahl konnte er eine Schlacht fürs Hollerland gewinnen. Gerold Janssen war sicher der unbequemste, aber wohl auch der originellste und unterhaltsamste Akteur im öffentlichen Leben Bremens der letzten Jahrzehnte. Bei seinem Kampf gegen die Bebauung des Hollerlandes spannte er so geschickt wie wenige die Medien ein, und damit war der 1923 geborene alte Zausel moderner als die sich so jugendlich gebenden Designerpolitiker, die sich deshalb auch alle an ihm die Zähne ausbissen.
So war er bei einer Bürgerversammlung über die Verlegung eines Schmutzwasserkanals durchs Naturschutzgebiet bestens vorbereitet: Mit der Zwischenfrage, ob es stimme, dass ein Bauer seinen Hühnerstahl aufgrund des Bebauungsplanes abreißen müsse, dieselbe Dienststelle aber keinerlei Einwände gegen die Verlegung der riesigen Rohre habe, brachte er letztlich das ganze Projekt zu Fall.
Immer wieder fand Janssen in den vergangenen 30 Jahren Wege, um Politik und Bürokratie auszutricksen. Bei sieben davon hat ihn Filmemacher Jörg Streese mit der Kamera begleitet. Dessen Dokumentation „Der Traum des Gerold Janssen“ hat heute Abend in der Schauburg Premiere. Erschöpfend wird hier in sechs Kapiteln von Janssens Kampf für die Natur des Hollerlands erzählt.
Unter Titeln wie „Betonzeit“, „Flora, Fauna, Zufall“ oder „Deiche, Gräben und Libellen“ wurde viel Material zusammengetragen. Da Janssen ja immer auch durch und mit den Medien arbeitete, gibt es natürlich etliche Filmaufnahmen, Zeitungsausschnitte, Fotos und Fernsehbeiträge über ihn: Zu dem besten Material des Films zählen die zahlreichen Ausschnitte aus der Radio Bremen-Sendung „buten un binnen“. Als solider Biograph hat Streese viele Zeitzeugen befragt, und so waren auch erstaunlich viele von seinen einstigen Gegnern bereit, über ihn – jetzt eher altersmilde – zu reden. Aber viel Material, auf das der sehr gründlich arbeitende Streese auf keinen Fall verzichten wollte, lag nur als Text- oder als Tondokument vor. Doch in einem Film muss man halt für alles Bilder finden: Filmisch ist das meist interessant gelöst. Ein Radiobeitrag aus den 80ern wurde sogar mit dem Sprecher von damals für die Kamera nachgestellt. Mitunter aber verschenkt Streese auch ein paar schöne Einstellungen, weil ihm die Geschichten wichtiger als die Bilder sind. So gibt es eine spektakuläre Aufnahme vom Bremer Fallturm aufs Hollerland, die fast wie versteckt mal kurz eingeschnitten ist, und leicht übersehen werden kann.
Eine besondere Pointe findet sich im Abspann der stimmungsvoll mit einer getragen jazzigen Musik von André Feldhaus unterlegten Dokumentation: Neben dem Filmbüro Bremen und der Nordmedia hat auch der Senator für Bau und Umweltschutz den Film gefördert. Wahrscheinlich aus Erleichterung. wilfried hippen
Heute & morgen, 19 Uhr, Schauburg sowie Sonntag, 15 Uhr im Atlantis