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Widerstand am Alex

■ Bürgerbewegung formiert sich gegen Kollhoff-Hochhäuser / Weniger Türme bauen

Der Widerstand, den Alexanderplatz nicht zu einer Imitation Chicagos oder gar Manhattans werden zu lassen, formiert sich. Nach erfolglosen Protestversammlungen schließen nun Alex-Anwohner die Reihen gegen den Entwurf Hans Kollhoffs. Die „Bürgerbewegung Alexanderplatz“, in der sich hauptsächlich Interessengruppen der dort Wohnenden zusammenfinden, fordert, daß von den Plänen für Hochhausgewitter und lärmende Straßenschluchten Abschied genommen wird. „Es geht nicht nur um den Erhalt der vom Abriß bedrohten Wohnungen“, meint Bernd Otto, „sondern um die Identität unserer Stadt.“

Die BI Alexanderplatz, zu deren Gründungstreffen Anfang März rund 200 Alex-Protestler stießen, hält nichts vom zwischen Bausenator Nagel und Stadtentwicklungssenator Hassemer verabredeten Deal, für ein paar Wohnungen mehr die Türme stehen zu lassen. Statt dessen wenden sich die Bürger gegen die „Massierung der Hochbauten im Umfeld des Alexanderplatzes“, befürchten sie doch die Zerstörung der baulichen und sozialen Milieus. Ein vor 14 Tagen verabschiedetes Programm pocht darauf, den Platz als „Begegnungsstätte“ auszubauen. Die Gebäude, so Otto, „müssen erhalten und im Rahmen der bestehenden Struktur weiterentwickelt werden. Die Initiative werde dazu „Fachgruppen für Verkehr, Architektur und Soziales einrichten“. Zugleich dürften die Interessen der Investoren nicht übergeordnet werden. Die BI will bei der weiteren Planung beteiligt werden. „Man darf nicht an uns vorbei“, sagt Otto.

Prominentester Mitstreiter der Gruppe ist Joachim Näther, Architekt des heutigen Alexanderplatzes, der als „Fachberater“ der BI agiert. „Ich versuche, den Kausalzusammenhang klarzumachen“, sagt Näther. „Wenn dort ein Geschäftszentrum in einer derartigen räumlichen Größenordnung entstünde, würde das auf die gesamte Metropole Auswirkungen haben.“ In der Mitte Berlins, so Näther, verdichteten sich Büros und Verkehre, „die das Quartier und die Stadt nicht aushalten“. Zudem, so Näther, greife der Kollhoff-Entwurf „brutal“ in den Städtebau ein. Der Alex selbst sowie die umliegenden Architekturen würden durch die Türme „verniedlicht“. Näther plädiert für einen Weiterbau des existierenden Ortes, dessen Substanz in eine Neugestaltung mit einbezogen werden müsse. Statt „Kathedralen des Kapitalismus“ sollten Gebäude etwa in der Höhe des Alexanderhauses geplant werden.

Der Planer der zugigen Platzanlage ist selbst Hochhäusern nicht abgeneigt, wenn diese einen gewissen Maßstab zum Alex einhalten. Er erinnerte, daß die Architekten Bellmann und Böhm oder Kny und Weber Entwürfe zeichneten, die ohne Hochhauskonzentrationen auskamen. Außerdem widersprach Näther der vielbeschworenen „Mischung“, die der Kollhoff- Entwurf vorstellte. Die Bürostadt Kollhoffs verurteile den Alex zur Monofunktionalität. Rolf Lautenschläger

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