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Widerlich oder komisch

Gesund-deftige Haushaltsmischung: Die wöchentlich wechselnden, handlichen Comedy-Fünferpacks auf dem Kiez  ■ Von Petra Schellen

Witz ist, wenn man trotzdem lacht. So tut, als hörte man die Politiker-Imitation zum ersten Mal, obwohl Richling und Krönert sie schon vor Jahrdutzenden vorgemacht haben. Comedy ist auch, wenn das Publikum sich schier vor Vergnügen am Boden wälzt, wenn zu Silvester zum x-ten Mal das Dinner for one läuft. Was dabei wirklich komisch ist, kann man oft schon gar nicht mehr beurteilen – ähnlich, wie der Kölner während des Karnevals – so scheint es jedenfalls brauchunkundigem Außenstehenden – oft auch nur deshalb kichert, weil alle anderen es tun.

Alls falsch! Man lacht nämlich, weil man's ehrlich komisch findet – und manchmal amüsiert man sich tatsächlich auch über anderer Leute Witze: Über die der Kiez-Comedy-Künstler zum Beispiel, die in den kommenden Wochen das Schmidt Theater präsentiert. Bis Sonnabend werden sich Art of Mouth, Evi & das Tier, Brian O'Gott, Carsten Höfer und Gregor Mönter mutig dem Publikum entgegen stellen.

Als „fleischgewordenen Stoßseufzer“ bezeichnet Brian O'Gott seine eigene Vita – aber was haben heutzutage papierene Viten noch mit dem wirklichen Leben zu tun? Vielleicht existiert auch die Biografie nicht, der zufolge sich der Star mit fünf für die Pop-Karriere entschied und bereits mit neun des Gitarrenspiels kundig war. Später gründete er eine Band und trat 1997 auf dem Berliner Comdey-Festival auf; Anno 1999 bekam er den 1. Deutschen Internationalen Varietépreis.

„Schaurig-schöne Chansons“ bringt dagegen Gregor Mönter zu Gehör, bietet außerdem Radio-Problemtalk, der sich vermutlich so bewegenden Themen wie dem morgendlichen Griff zum Brotmesser und dem Gang zur Mülltonne widmen wird. Wie heißt es doch über ihn so schön: „Ihm ist nichts heilig, was über Mattscheibe oder Äther wabert“ – und insofern kann er der Zuschauerschaft ein hoffentlich wahrhaft authentisches Erlebnis verschaffen.

Chansons – schon wieder? Ja: Evi & das Tier lautet – in Abwandlung der berühmten Schönen und vielleicht unser aller Urmutter Eva? – der Titel einer Darbietung, die sich ebenfalls im kiez-spezifischen Fünferpack findet und deren Akteure den Deutschen Chansonpreis Zarah 98 bekamen – und damit dürfte fürs erste genug gesagt sein über Evi Niessner und den legendär-souveränen Pianisten Mr. Leu...

Ob die Kiez-Comedy-Mischung, die jeweils wochenweise wechselt, einem gemeinsamen Motto folgt? „Nein, das ist ja gerade das Besondere, dass die Zuschauer nicht im Detail wissen, welche Mischung sie erwartet – da kann das Krachlederne ebenso vertreten sein wie das Feinsinnige“, schwärmt Pressesprecherin Anja Michalke. „Wir wollen sowohl Etablierten als auch Nachwuchskünstlern ein Forum bieten.“

Und Neugier soll wecken: ein Ensemble wie SammaWomma Nomma“, das ab Mittwoch auftritt und das mit „Wort, Witz & Verbalexpedition“ lockt: Oliver Ott und Roland Griem werden das Publikum zu amüsieren trachten – und ganz unbekannt sind die beiden, die schon 1997 beim 11. Kabarettfestival auf Kampnagel auftraten, auch nicht. Ihr Thema? Jene Zeitgenossen, die durch Wort und Geste auf so subtile Art widerwärtig sind, dass man nicht nur selbst nicht genau beschreiben kann, was einen stört, sondern dass ihre subtile Unerträglichkeit auch anderen unmöglich zu vermitteln ist.

Donnerstag bis Sonnabend, jeweils 20 Uhr, Schmidts Theater: Art of Mouth, Evi & das Tier, Brian O'Gott, Carsten Höfer, Gregor Mönter; ab Mittwoch: Brian O'Gott, Gregor Mönter, Michi Kleiber, Johann Köhnich, Samma Womma Nomma

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