: Wg. Vobo: Rebmann droht den Grünen
■ 10.000 DM Bußgeld für Boykottaufruf gefordert / Vorbildfunktion der Abgeordneten berücksichtigen Aufruf der Grünen „rechtsfeindlich“ / Bußgeldverfahren jetzt Sache des Generalbundesanwalts?
Karlsruhe (ap/taz) - Generalbundesanwalt Kurt Rebmann ist dafür, daß Bundestagsabgeordnete der Grünen für ihre Aufrufe zum Boykott der Volkszählung mit einem Bußgeld bis zu 10.000 Mark bestraft werden. Rebmann sagte am Montag in einem Interview der Nachrichtenagentur ap, eine solche Strafe sei nach dem Ordnungswidrigkeitengesetz und dem Bundesstatistikgesetz rechtlich denkbar. „Von dieser Möglichkeit sollte unbedingt Gebrauch gemacht werden.“ Rebmann mahnte: „Würde der Staat den Aufruf zum Boykott der Volkszählung ungeahndet lassen, so wäre dies ein schwerer Schaden auch für das Demokratieverständnis. Jeder Bürger könnte sich künftig auf die unterbleibende Ahndung der Mißachtung von Gesetzen durch Parlamentarier berufen.“ Der Generalbundesanwalt fügte hinzu: „Angesichts der Vorbildfunktion unserer Abgeordneten, halte ich ein Bußgeld bis zu 10.000 Mark keineswegs für überhöht.“ Rebmann nannte die Haltung der Grünen zur Volkszählung „rechtsfeindlich“ und forderte: „Gegen solches Verhalten muß der Rechtsstaat seine Mittel konsequent einsetzen. Nütz lich wäre es, wenn wir schon jetzt eine Vorschrift hätten, die den Aufruf zu Ungehorsam gegen Gesetze unter Strafe stellt.“ Rebmann erinnerte an den Sprengstoffanschlag der vergangenen Woche gegen das Rathaus in Leverkusen und den gescheiterten Anschlag auf das Amt für Statistik in Oberhausen. Zu beiden Anschlägen hatten sich Volkszählungsgegner bekannt. „Es kann nicht ausgeschlossen werden, daß sich anarchistische Gruppierungen durch den Aufruf von Grünen zu derartigen terroristischen Taten ermutigt fühlen“, fügte Rebmann hinzu. Disziplinarmaßnahmen gegen Zähler? Mit Disziplinar– und arbeitsrechlichen Maßnahmen bedroht der Frankfurter Magistratsdirektor Gottfried Herbig volkszählungsunwillige Bedienstete. Die Grünen im Rathaus Römer legten gestern einen Brief vor, den Herbig am 20. Februar an alle städtischen Amtsleiter verschickt hatte. Darin warnt er vor Boykottinitiativen in den Ämtern und droht „unverzüglich“ Strafe an. Der grüne Pressesprecher Lutz Sikorski fragte inzwischen bei Herbig nach, wie er denn an die Daten der städtischen Boykottierer kommen wolle. Nach Meinung der Grünen werde hier genötigt, weil eine Ordnungswidrigkeit, wie die Weigerung zu zählen, zum Gegenstand dienstlicher Repressionen gemacht werde. In Frankfurt haben die Erhebungsstellen begonnen, Zähler im „Sofortvollzug“ zu ernennen. Sie haben ab sofort keine vier Wochen Bedenkzeit mehr, sondern müssen sich gleich an das Verwaltungsgericht wenden. Die Grünen rechnen damit, daß 80 bis 90 Prozent der in Frankfurt benannten Zähler Widerspruch einlegen werden. Diese hohe Zahl vermutete er wegen des heftigen Protestes während der Personalversammlungen von Bibliotheken, Krankenhäusern und sozialen Einrichtungen.
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