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Archiv-Artikel

der geplante „gesundheitsfonds“ ist ineffektiv und ungerecht Wettbewerb der Konfusion

Ja, was denn: Sind es mehr oder sind es weniger Jobs? Gestern hat die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di gegen den geplanten Gesundheitsfonds bei den gesetzlichen Krankenkassen protestiert – aber die Botschaft klang ziemlich wirr. Bedenkenlos wurden zwei Lieblingsängste der Deutschen verkoppelt, die jedoch nicht zueinander passen: Ver.di fürchtete gleichzeitig „mehr Bürokratie“ und einen Abbau von 30.000 Stellen. Doch hat man in Deutschland noch nicht erlebt, dass mehr Verwaltung mit weniger Angestellten zu bewältigen ist. Die Ver.di-Mitglieder könnten also beruhigt sein.

Es ist jedoch kein Wunder, dass der Ver.di-Protest so wirr wirkt – der Widerstand passt damit optimal zum kritisierten Projekt. Denn der Gesundheitsfonds ist politischer Wahnsinn. Er ist sinnlos, ineffektiv und sehr ungerecht.

Die Grundidee: Künftig soll der Fonds die einkommensabhängigen Beiträge bei den Arbeitgebern einziehen – und nicht mehr die Krankenkassen. Sie erhalten dann vom Fonds einen Festbetrag pro Versicherten. Sollten die Kassen mit dieser Pauschale nicht auskommen, können sie Zusatzbeiträge bei ihren Mitgliedern eintreiben. Nicht sofort verstanden? Das ist kein Grund zur Selbstkritik. Der Gesundheitsfonds ist genauso kompliziert, wie er klingt.

Dennoch verteidigt die große Koalition diese neue Umständlichkeit und behauptet, es würde den Wettbewerb zwischen den Kassen fördern. Das ist seltsam, denn die Kassen konkurrieren längst und versuchen, sich gegenseitig mit möglichst niedrigen Beitragssätzen auszustechen. Der Wettbewerb scheitert bisher nicht an den Kassen, sondern vor allem an den Kartellen der Ärzte, Apotheker und der Pharma-Industrie. Diese monopolartigen Zusammenschlüsse wird aber auch der neue Gesundheitsfonds nicht aufbrechen.

Zudem kann Wettbewerb sehr ungerecht sein. Schon jetzt bemühen sich die Kassen, nur „gute Risiken“ zu versichern – sie umwerben die Jungen und meiden die Chroniker. Damit pervertiert sich der Kassenzweck ins Gegenteil: Selektion statt Solidarität, Schutz der Gesunden statt der Kranken.

Am ärgerlichsten aber ist, dass die Regierung ständig vom „Wettbewerb“ redet, ohne gerechte Konkurrenzbedingungen zu schaffen. Die privaten Kassen dürfen sich nämlich weiter auf die Spitzenverdiener konzentrieren. Der Gesundheitsfonds soll nur die gesetzlichen Kassen organisieren, die wie gehabt auch die Krankheitskosten der Armen und Arbeitslosen finanzieren. Toller Wettbewerb, wenn nicht jeder solidarisch sein muss. Darauf sollte sich Ver.di konzentrieren. ULRIKE HERRMANN