Westerwelle in China: Peking dringt auf Embargo-Ende
Peking wünscht sich vom Bundesaußenminister, dass er sich für ein Ende des Waffenembargos der EU und die Anerkennung Chinas als Marktwirtschaft einsetzt.
PEKING taz | Wirtschaftsfragen, politische Beziehungspflege und Kennenlernen: Darum geht es beim zweitägigen Antrittsbesuch von Guido Westerwelle (FDP) in Peking. Nach seinem Kurzaufenthalt in Tokio wird der neue Bundesaußenminister und Vizekanzler am Freitag in Chinas Hauptstadt erwartet, wo er seinen Amtskollegen Yang Jiechi und Ministerpräsident Wen Jiabao treffen wird. Westerwelle reist nach Wirtschaftsminister Rainer Brüderle als zweites Kabinettsmitglied der schwarz-gelben Koalition nach China. Dem Besuch werde von beiden Seiten "erhebliche Bedeutung beigemessen", erklärten Diplomaten in Peking. Hinter dieser Formulierung steckt nicht zuletzt die Erwartung der Gastgeber, mehr über Berlins künftige Chinapolitik innerhalb der EU zu erfahren.
Seit Jahren wünscht sich Peking ein Ende des Waffenembargos, das die EU nach dem Tiananmen-Massaker 1989 verhängte. Außerdem will China als "Marktwirtschaft" anerkannt werden. Dies würde Dumpingklagen gegen chinesische Waren beenden. Bei beiden Themen ist aber jetzt keine Veränderung zu erwarten.
Westerwelle kommt zu einer Zeit, in der Chinas Politiker sich von innen und außen stark unter Druck fühlen und besonders empfindlich auf Kritik reagieren. Dahinter steckt die Sorge vor sozialen Konflikten in China und ein interner Machtkampf, der vor dem Wechsel an der Parteispitze 2012 schon begonnen hat. Außenpolitisch gab es zuletzt Vorwürfe, China habe den Kopenhagener Klimagipfel torpediert. Auch löste die elfjährige Haftstrafe für den Bürgerrechtler Liu Xiaobo Empörung aus. Unklar ist, ob und wie Westerwelle sich für politische Gefangene einsetzt. Um keine unangenehmen Fragen beantworten zu müssen, wollte Chinas Außenminister nach dem für Freitag geplanten Gespräch mit Westerwelle keine Journalistenfragen zulassen. Offen ist auch, ob Westerwelle die Friedrich-Naumann-Stiftung ansprechen wird. Die FDP-nahe Stiftung musste 1995 China wegen einer Tibet-Konferenz verlassen.
Das nach dem Treffen der Kanzlerin mit dem Dalai Lama 2007 stark abgekühlte Verhältnis zwischen Peking und Berlin hat sich laut deutschen Diplomaten wieder normalisiert. Chinas einflussreicher Exbotschafter Mei Zhaorong schrieb dagegen jetzt über die Beziehungen von "Differenzen, Reibereien und Hindernissen". Er verwahrte sich dagegen, dass ausländische Politiker und Medien sich in Chinas "innere Angelegenheiten" einmischen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Geschasste UN-Sonderberaterin
Sie weigerte sich, Israel „Genozid“ vorzuwerfen
Prognose zu Zielen für Verkehrswende
2030 werden vier Millionen E-Autos fehlen
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Partei stellt Wahlprogramm vor
Linke will Lebenshaltungskosten für viele senken
Vertrauensfrage von Scholz
Der AfD ist nicht zu trauen