piwik no script img

Westbeirut: Syrien greift ein

■ 4.000 Soldaten auf dem Vormarsch / Um Flughafen Beiruts Stellung bezogen Die Kämpfe der letzten Woche forderten 200 Tote und 450 Verletzte

Damaskus/Beirut/Berlin (afp/ taz) - Nach mehr als vierjähriger Abwesenheit übernimmt Syrien wieder die Kontrolle über Westbeirut. Am Sonntag rückte eine 3.500 starke Panzerbrigade und ein 450 Mann umfassendes Artilleriebataillon auf den überwiegend moslemischen Sektor der libanesischen Hauptstadt vor. Am Nachmittag hatten die syrischen Truppen um den Flughafen südlich von Beirut Stellung bezogen. Die Soldaten sollen den „Krieg der Verbündeten“ beenden, den sich seit einer Woche die schiitische Amal–Miliz auf der einen und die drusische „Sozialistische Fortschrittspartei“, die Kommunistische Partei und die sunnitische Mourabitun auf der anderen Seite liefern. Einer inoffiziellen Bilanz zufolge forderten die Gefechte 200 Tote und 450 Verletzte. Am Freitag abend war in Damaskus von fünf moslemischen Politikern ein Friedensplan für Westbeirut veröffentlicht worden. Er umfaßt folgende Punkte: Sofortige Einstellung der Kämpfe und Abzug aller bewaffneten Truppen; Gesuch an Syrien, mit militärischen Mitteln für die Sicherheit in Westbeirut zu sorgen; die Schaffung einer syrisch–libanesischen Eingreiftruppe und die Auflösung aller Milizen in Westbeirut sowie die Schließung von deren Parteibüros. In Westbeirut soll ferner das Tragen jeglicher Waffen unter Strafandrohung verboten werden. Die Eingreiftruppe soll über Sicherheit und Ordnung wachen und den Schutz der nach Westbeirut führenden Straßen, der Botschaften und des internationalen Flughafens wachen und das Recht haben, Wohnungen nach Waffen zu durchsuchen. Die Truppe soll unter dem formellen Oberbefehl von Ministerpräsident Karameh stehen. Der Appell an Syrien trug die Unterschrift Karames, des Parlamentspräsidenten Husseini, Erziehungsministers Hoss sowie der Milizenführer Berri (Schiiten) und Junblatt (Drusen). Nach syrischer Darstellung „akzeptierte“ Assad ihren Appell. Fortsetzung Seite 6 Der christliche libanesische Staatschef Gemayel verwarf am Samstag den Appell der Moslems an Syrien als „verfassungswidrig“ und erklärte, eine derartige Aktion trage zur weiteren Aushöhlung der Staatsmacht und zur Verschärfung des Konflikts bei. Der libanesische Staatschef, der am Samstag aus Paris nach Beirut zurückkehrte, war offenbar nicht über den Interventionsplan in Kenntnis gesetzt worden. Die Hizballah befürchten nun, daß sich die neue Ordnungsmacht auch gegen sie wendet. Damat würde der latente iranisch–syrische Konflikt im Libanon offen aufbrechen. Die PLO hat den Einmarsch der syrischen Truppen verurteilt. Ein PLO–Sprecher der Organisation am Sitz in Tunis erklärte, die Intervention stelle „eine flagrante Bedrohung für die palästinensische Präsenz im Libanon“ dar. PLO– Chef Arafat richtete einen „dringenden Appell an internationale Organisationen und insbesondere an die UNO, Truppen zum Schutz der Palästinenserlager im Libanon zu entsenden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen