: West-Atommüll nach Morsleben Umweltminister Rauls knickt ein
■ Rauls hatte die Einlagerung von Westmüll bisher für illegal erklärt / Greenpeace hält Einlagerung weiter für kriminell
Berlin (dpa/taz) – Im ehemaligen Bergwerk Morsleben in Sachsen-Anhalt soll künftig auch westdeutscher Atommüll eingelagert werden. Darauf einigten sich Bundesumweltminister Klaus Töpfer (CDU) und sein Magdeburger Amtskollege Wolfgang Rauls (FDP) in einem Gespräch am Mittwoch abend. Rauls hatte bisher die Auffassung vertreten, daß eine solche Einlagerung illegal sei, da die Genehmigung für das Atommüllendlager Morsleben für westdeutschen Atommüll nicht gelte.
Die Umweltorganisation Greenpeace warf Rauls gestern vor, er habe sein Ministerversprechen gebrochen. „Rauls hat kein Rückgrat und entscheidet gegen seine eigenen Überzeugungen und politischen Versprechen“, so Greenpeace-Sprecherin Inge Lindemann. Jede prinzipielle Entscheidung für die Einlagerung in Morsleben sei nach wie vor „ungesetzlich und kriminell“.
Offenbar um Rauls den Rückzug von seinen bisherigen Positionen mit weniger Gesichtsverlust zu ermöglichen, sollen nach Angaben des Bonner Umweltministeriums in Morsleben künftig die Sicherheitseinrichtungen für die Atommüllagerung nachgerüstet würden. Auch soll im Gegensatz zur DDR- Zeit nur noch schwach aktiver Abfall mit einer kürzeren Zerfallszeit eingelagert werden dürfen.
Ferner, so eine Sprecherin des Ministers, soll künftig kein flüssiger Nuklearabfall mehr nach Morsleben kommen. Die gesamt- Einlagerungsmenge sei auf 40.000 Kubikmeter bis zum Jahr 2000 begrenzt worden, davon 10.000 Kubikmeter aus Ostdeutschland.
Töpfer und Rauls vereinbarten nach Angaben der Sprecherin ein gemeinsames Vorgehen aufgrund der „neuen Faktenlage“. Die neue Faktenlage sollte dem Landesminister gestern noch schriftlich übermittelt werden.
Eine Einlagerung von Atommüll in Morsleben steht offenbar dennoch nicht unmittelbar bevor. Vor der Wiederaufnahme der Einlagerung soll nach den Angaben aus Bonn noch eine bis Jahresende erwartete Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Magdeburg in einer Klagesache abgewartet werden. Die Klage richtet sich gegen die Deponierung von westdeutschem Atommüll, insbesondere militärischem Nuklearabfall.
Unterdessen hat das für Morsleben zuständige Bundesamt für Strahlenschutz Strafanzeige wegen Hausfriedensbruchs gegen die Umweltschutzorganisation Greenpeace gestellt. Greenpeace hatte am Montag eine zwölfstündige Besetzung des Lagers erst beendet, nachdem Töpfer ein Gespräch zusagte. Dabei hatte er am Dienstag zugesichert, die Sicherheitsbedenken von Greenpeace nach schriftlicher Vorlage noch einmal prüfen zu lassen.
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