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Werbung im NetzKonzerne mögen es persönlich

Mit personalisierter Werbung wollen die Internet-Konzerne künftig viel Geld verdienen. Bürgerrechtler fürchten um ihre Privatsphäre und fordern eine Online-Reklame zum ausschalten.

Wer googelt, bekommt die passende Reklame gleich mit dazu. Bild: screenshot google

Es ist der Traum jeden Werbers: Reklame, die ganz genau auf die Bedürfnisse des potenziellen Kunden zugeschnitten ist, weil zuvor detaillierte Angaben über dessen Verhältnisse und/oder Kaufwünsche erfasst wurden. Google baute mit einer einfachen Form dieses Ansatzes ein Internet-Imperium auf: Bei der Suchmaschinenwerbung erscheint passende Reklame zum eingegebenen Suchbegriff rechts und oberhalb der Ergebnisliste. Das ist für viele Verkäufer deutlich zielführender als normale, breit gestreute Werbeformen. Doch das war erst der Anfang: Mit sozialen Netzwerken, die immer mehr Daten über den einzelnen User erfassen (die dieser im Zweifelsfall bei der Erstellung seines "Profils" sogar freiwillig preisgibt), ergeben sich ganz neue Reklamedimensionen, von Fachleuten personalisierte Werbung genannt.

Dass die für den Nutzer auch unangenehm sein kann, darauf haben nun mehrere amerikanische Bürgerrechtsorganisationen hingewiesen. Es ist ein interessantes Bündnis: Neben Internet-Verbänden wie dem "Center for Democracy and Technology" und der "Electronic Frontier Foundation" ist auch die Konsumentenvereinigung "Consumer Federation of America" vertreten. Allesamt fürchten sie, dass die Privatsphäre der Nutzer in der digitalen Welt mehr und mehr gefährdet ist, ein "gläserner Kunde" drohe, dessen Durchsichtigkeit die Industrie ausnutzen und zur Diskriminierung einsetzen könne. Aus diesem Grund fordern die Bürgerrechtler eine Art "Robinson-Liste" für personalisierte Online-Reklame.

Dazu soll die US-Verbraucherbehörde FTC ein so genanntes "Do Not Track"-Register führen, in das sich jeder Interessierte eintragen kann. Ist man auf dieser Liste enthalten, dürfte die werbetreibende Industrie keinen Abgleich der bekannten Nutzerdaten mehr mit der angezeigten Werbung durchführen und außerdem keine Daten über die Wege des Nutzers durchs Web erfassen - letzteres ist zunehmend möglich, weil die Werbevermarktung sich immer stärker in der Hand weniger Unternehmen konzentriert und der Browser der Nutzer dadurch regelmäßig auf ähnliche Server zur Reklameauslieferung trifft.

Technisch ließe sich die "Do Not Track"-Idee recht einfach implementieren: Nutzer, die auf die Robinson-Liste wollten, müssten dazu nur eine entsprechende Markierung (Cookie) auf ihrem Rechner tragen, dass die Server der Werber beachten. Gleichzeitig müssten sich alle Werbetreibende, die personalisierte Reklame anbieten, bei der FTC mit all ihren Internet-Adressen registrieren, um ein Tracking wirklich auszuschließen. "Das sollte genauso bekannt und einfach sein wie das Register gegen Telefonwerbung", sagte ein Vertreter der Consumer Federation of America.

Derzeit sieht es allerdings nicht danach aus, dass es tatsächlich zum Aufbau einer solchen Liste kommt. Die FTC will sich zwar mit dem Vorschlag beschäftigen, doch eine Umsetzung könnte Jahre dauern. Das Problem des Nutzertrackings wird in den USA nur am Rande wahrgenommen. So spielt das Thema Privatsphäre etwa bei der aktuell den Kartellbehörden vorliegenden Übernahme des Werbeauslieferers Doubleclick durch Google keine Rolle - allein die potenzielle Marktbeherrschung wird untersucht. Dabei sind Google und Doubleclick zusammen auf zahlreichen Websites vertreten und könnten ihr Tracking so besonders feingliedrig durchführen. Mit seiner "OpenSocial"-Initiative für Standards bei sozialen Netzwerken erhielte Google dann auch Zugriff auf wertvolle Profildaten - zumindest potenziell.

Bei Facebook, dem großen Aufsteiger unter den "Social Networking"-Anbietern und auf dem Papier inzwischen 15 Milliarden Dollar wert, arbeitet man Insidern zufolge bereits an einer Plattform, die Werbetreibenden leichten Zugriff auf Profile erlaubt. Diese so genannten "Social Ads" erlauben Reklame für fein abgestufte Personenkreise. Persönliche Daten der Nutzer sollen allerdings bei Facebook verbleiben, die Werber erhalten den Zugriff auf ihre Zielgruppe nur anonymisiert.

Deutsche Datenschützer warnen unterdessen von einer Verkettung der im Netz gespeicherten Profildaten. Suchmaschinen wie Google erfassten eingetippte Anfragen über lange Zeit, heißt es in einem Report des unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz in Schleswig-Holstein. Es gäbe inzwischen zahlreiche Möglichkeiten, Datenprofile zu vernetzen. Dabei könne selbst aus einer Verkettung anonymer Daten eine Diskriminierung der Betroffenen entstehen.

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