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Archiv-Artikel

Werber werden, aber richtig

Die Wege, einen Fuß als Texter, Konzeptioner oder Grafiker in die Tür einer Werbeagentur zu kriegen, sind vielfältig. In Berlin sorgen vor allem drei Studieneinrichtungen für den Nachwuchs

Notendurchschnitt spielt keine Rolle, er garantiert keine Eignung

von CHRISTINE BERGER

Eigentlich hatte Carlos Garaychocheta ganz andere Pläne. Doch nach einem Semester Filmwissenschaften an der FU war für den gebürtigen Argentinier klar, wohin es gehen sollte: in die Werbung. Da war es zur Bewerbung an der Universität der Künste (UdK) nur ein kleiner Schritt. „Der Studiengang Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation ist noch immer der angesehenste in dieser Richtung.“ Ganz im Gegensatz zu vielen anderen Bewerbern wurde Garaychocheta sofort angenommen. Ein echter Glücksfall angesichts von rund 1.200 Bewerbern auf 60 Studienplätze jedes Jahr. Entscheidend für eine Annahme ist der Numerus clausus, und der liegt derzeit bei einem Abiturnotendurchschnitt von 1,8.

Viele der Dozenten, die im Altbau mit dem Charme einer Schule aus dem 19. Jahrhundert lehren, haben selber einmal an der UdK studiert. Thomas Heilmann zum Beispiel von Scholz & Friends. „Hier schleimen oder direkt bewerben“, wirbt denn auch ein Button der Werbeagentur im Vorlesungsverzeichnis um neue Praktikanten.

Wie es sich für eine Universität gehört, spielt an der UdK die Theorie im Sinne von Semiotik, Statistik und Kommunikationstheorie zwar eine große Rolle, doch seit Jahren wird auch immer mehr Wert auf Praxisnähe gelegt.

So müssen die Studierenden regelmäßig Kampagnen ausarbeiten und präsentieren. Mit viel audiovisuellem Tamtam werden dann in der Aula Produkte beworben, Strategien vorgestellt und diskutiert. Nach acht Semestern und einem Semester für die Diplomarbeit ist laut Plan Schluss. Die Kontakte, die während des Studiengangs geknüpft wurden, verhelfen ihnen dann zum großen Teil zu einem Job.

Barbara Herwig von der Design-Akademie Berlin war selber einmal Studentin der Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation und ist jahrelang als wissenschaftliche Mitarbeiterin der UdK treu geblieben. Selbst heute noch hat sie dort einen Lehrauftrag, obwohl sie 1995 mit der Akademie einen privaten Lehrbetrieb mit aufzog. „Die Nachfrage war da“, resümiert sie die Gründungsintentionen.

Rund 300 StudentInnen verdienen sich bei der Design-Akademie in den beiden Fachbereichen Mediendesign und -management derzeit ihre ersten Sporen. „Viele kommen von den staatlichen Universitäten, weil es ihnen da zu anonym zugeht“, so Herwig. In der Akademie wird in festen Klassenverbänden studiert. Auch wer bei der UdK abgelehnt wird, bewirbt sich häufig am Kreuzberger Paul-Lincke-Ufer, dem Sitz der Akademie. „Bei uns spielt der Notendurchschnitt keine Rolle“, erklärt Herwig. Ein gutes Abitur sei keine Garantie für eine Eignung, so die Begründung.

In einem Auswahlverfahren, in dem Werbeanzeigen analysiert werden müssen und eine Begründung für den Studienwunsch eine Rolle spielt, werden die Studierenden ausgewählt. Was folgt, ist ein relativ verschultes Ausbildungsprogramm mit rund 30 Stunden Unterricht pro Woche und einem großen Praxisbezug. Das allerdings hat seinen Preis, kostet doch das Studium an der Akademie monatlich 420 Euro zuzüglich Prüfungs- und Aufnahmegebühren in Höhe von jeweils 155 Euro.

Auch die Fachhochschule für Wirtschaft und Technik (FHTW) bietet Studiengänge, die den Sprung in die Werbebranche ermöglichen. So gibt es dort den Fachbereich Kommunikationsdesign mit grafischem Schwerpunkt.

Im Grundstudium finden musische und technische Übungen zur Sensibilisierung, vor allem der visuellen Wahrnehmung statt: handwerkliches Training in Illustration, Farbenlehre, Typografie, analoger und digitaler Fotografie, elektronischer Bildbearbeitung, Screendesign sowie im Modell- und Ausstellungsbau. Angehende Konzeptioner und Kommunikationswirte wiederum sind im Studiengang Wirtschaftskommunikation immatrikuliert.

Manch einer kommt aber auch über einen unspektakulären Quereinstieg in Lohn und Brot. Alexander Sistenich etwa, heute Texter bei der renommierten Agentur Publicis, hat sich mit einem Fernstudiengang Mediaplaner und einem abgebrochenen Germanistikstudium qualifiziert.

„Meine erste Bewerbung für ein Texter-Praktikum war sehr launisch, wahrscheinlich bin ich deshalb genommen worden“, blickt er zurück. Heute textet er nicht nur für große Firmen, sondern gibt sein Wissen auch weiter. Unter anderem bei der Design-Akademie Berlin.