Wer wird Feinsteins Senatssitz übernehmen?: Tod einer Vorreiterin der US-Politik
Dianne Feinstein ist im Alter von 90 Jahren verstorben. Sie war die älteste und dienstälteste weibliche Abgeordnete in der Geschichte des Senats.
Washington D.C. taz Die langjährige demokratische US-Senatorin Dianne Feinstein ist tot. Wie ihr Senatsbüro am Freitag mitteilte, starb sie bereits am Donnerstagabend in ihrem Haus in der US-Hauptstadt Washington. Sie war 90 Jahre alt. Die Todesursache wurde nicht bekannt gegeben.
Sie war nicht nur die älteste und am längsten im Amt verweilende weibliche Abgeordnete in der Geschichte des Senats, sondern sie war auch eine der ersten Frauen aus Kalifornien, die in die oberste Kammer des US-Kongresses gewählt wurde. Sie galt als liberale Politikern, die für die Umsetzung ihrer politischen Ziele aber auch nicht davor zurückschreckte, mit Republikanern zusammenzuarbeiten.
Der demokratische Mehrheitsführer im US-Senate Chuck Schumer sagte am Freitag, dass der Senat mit Feinstein „eine Gigantin“ verloren habe. „Dianne Feinstein war eine der herausragendsten Personen, die der Senat und das Land jemals hervorgebracht hat“, so der Senator aus New York.
Feinstein, die 1933 in San Francisco geboren wurde und sich dort in der Lokalpolitik während der 1970er Jahre einen Namen gemacht hat, schrieb 1992 zusammen mit ihrer demokratischen Kollegin Barbara Boxer Geschichte. Zum ersten Mal überhaupt beförderten die Wähler Kaliforniens eine Frau in den US-Senat und dann gleich zwei auf einmal.
US-Präsident Joe Biden bezeichnete Feinstein in einer Stellungnahme als eine „bahnbrechende Amerikanerin und eine wahre Vorreiterin“. Er fügte hinzu, dass die Senatorin für ihn und seine Frau auch ein „geschätzter Freund“ gewesen sei.
Eine Tragödie katapultierte Feinstein 1978 ins Rampenlicht. Die Ermordung von San Franciscos Bürgermeister George Moscone und Stadtratsmitglied Harvey Milk im Ratshaus der Westküstenmetropole veränderte ihr Leben. Es war nämlich Feinstein, die Milks Leiche fand und sich daraufhin für schärfere Waffengesetze einsetzte. Nur kurz nach dem Attentat wurde sie als erste Bürgermeisterin von San Francisco vereidigt.
Nur wenige Jahre nach ihrem Einzug in den US-Senat zu Beginn der 1990s feierte Feinstein ihren wohl größten politischen Erfolg. Der Senat verabschiedete einen von ihr eingebrachten Zusatzartikel, der den Verkauf und die Produktion von bestimmten Sturmgewehren untersagte. Ex-Präsident Bill Clinton unterzeichnete diesen Zusatzartikel als Teil des sogenannten „Crime Bill“ (Kriminalitätsgesetzes) im Jahr 1994. Das Verbot endete nach zehn Jahren im Jahr 2004 und wurde weder verlängert noch erneuert.
“Ich weiß, was diese Waffen anrichten können“, sagte sie bereits im Jahr 1993 während einer Senats-Debatte über Sturmgewehre.
Neben einer Verschärfung der US-Waffengesetze setzte sich Feinstein auch für Umweltschutz und reproduktive Rechte ein. Wie einflussreich Feinstein in ihren mehr als 30 Jahren im US-Senat war, zeigte sich auch an der Welle der Anerkennungen, die vor allem von weiblichen Kongressmitgliedern im Verlauf des Freitags auf den sozialen Kanälen geteilt wurden. Viele bezeichneten sie als Pionierin, die den Weg für Frauen im Senat und für Mädchen im Land geebnet habe.
Während der vergangenen zwei Jahre musste die Senatorin allerdings immer öfter mit gesundheitlichen Problemen kämpfen. In Senatsanhörungen wirkte sie zudem oft verwirrt. Dies führte zu Rücktrittsforderungen. Im Februar dieses Jahres gab Feinstein bekannt, dass sie im kommenden Jahr nicht zur Wiederwahl antreten werde.
Feinsteins Tod bedeutet, dass die Mehrheit der Demokraten im Senat auf einen einzigen Sitz geschrumpft ist – 50 zu 49. Die Ernennung eines Nachfolgers fällt auf die Schultern von Kaliforniens Gouverneur Gavin Newsom. Dieser versprach bereits 2021, dass er im Falle von Feinsteins Ableben eine afroamerikanische Frau als temporären Ersatz zur Vollendung der Amtszeit ernennen würde. Da mit Senator Bob Menendez ein weiterer demokratischer Senator aufgrund von rechtlichen Problemen zu einem Rücktritt gezwungen werden könnte, wächst der Druck auf Newsom schnell einen Nachfolger für Feinstein zu ernennen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Stellenabbau bei Thyssenkrupp
Kommen jetzt die stahlharten Zeiten?
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Iran als Bedrohung Israels
„Iran könnte ein Arsenal an Atomwaffen bauen“