: Wer soll da gesiegt haben?
■ betr.: „Der Stolz der Sieger“, taz vom 12./13. 6. 99 u.a.
[...] Ich möchte wissen, wer da eigentlich gesiegt haben soll?! Die Moral etwa – weil 800.000 Kosovo-Albaner in ein Gebiet zurückkehren können, aus dem sie ohne den Krieg vermutlich erst gar nicht vertrieben worden wären?
Die Kosovo-Albaner sind sowieso die großen Verlierer bei der Sache: Anstatt nach all den Leiden endlich einen eigenen Staat zu bekommen, tauschen sie nur einen Besatzer gegen den andern aus. Also hat doch die Nato obsiegt? Weil sie uns eindrucksvoll bewiesen hat, daß ein 19-Mitglieder-Mega-Militärbündnis in der Lage ist, ein kleines, wirtschaftlich ruiniertes Land wie Jugoslawien heldenhaft in die Steinzeit zurückzubomben – sofern man diesem Bündnis nur unbegrenzt freien Zutritt auf Steuerzahlers Gelder gewährt – eine ganz tolle Leistung, wirklich!
Ganz sicher haben die Militärstrategen gesiegt – denen es zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit gelungen ist, einen Krieg zu „gewinnen“, ohne einen einzigen Soldaten zu opfern, und zwar auf Kosten der Zivilbevölkerung (tote Zivilisten auf rambo-deutsch = Kollateralschäden). [...] Andrea Noll, Reutlingen
[...] Wer heute behauptet, die jetzigen Vereinbarungen hätte Jugoslawien schon mit der Unterschrift unter den „Vertrag von Rambouillet“ haben können, der ist bösartig oder der verkennt die Realität bzw. verdreht die Tatsachen. Mit der Unterschrift unter den Rambouillet-Vertrag wären die Selbstmandatierung legitimiert, die Kompetenzen der UNO beseitigt und damit der unheilvollen Entwicklung Vorschub geleistet worden. Hätte die Nato auf eine Selbstmandatierung verzichtet und die UNO gestärkt, wären Millionen von Flüchtlingen, die nach der Bombardierung geflohen sind, im Kosovo geblieben, die Infrastruktur wäre nicht in diesem Maße zerstört worden, und vor allem so viele Tote und Invaliden hätte es ohne Bombardierung nicht gegeben.
Die UNO ist auf dem Wege, die verlorene Würde wiederzuerlangen. Leider haben die Jugoslawen dafür einen hohen Blutzoll zahlen müssen. Die Gedanken an Selbstmandatierung und Weltpolizei sind, so ist zu hoffen, für alle Zeiten passé. [...] Dusan Nonkovic, Lübeck
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