piwik no script img

Wer sägte an Scherfs rechter Hand ?

■ Finanzressort bestätigt: Beamte haben den Rechnungshof-Bericht nicht weitergegeben

Könnte es sein, daß die politische Spitze des CDU-geführten Finanzressorts selbst den Rechnungshofbericht über Scherfs Staatsrat Reinhard Hoffmann an die Presse lanciert hat? Und damit den Stuhl der rechten Hand von Bürgermeister Scherf (SPD), Staatsrat Hoffmann nämlich, kräftig ansägte? Dieser böse Verdacht ergibt sich, wenn man eins und eins zusammenrechnet: Die Staatsanwaltschaft ist sich sicher, daß die undichte „Quelle“, die den vertraulichen Bericht über Mißwirtschaft im (seinerzeit von Hoffmann geleiteten) Bildungsressort herausgab, das Finanzressort ist. Der Staatsrat des Finanzressorts, Günter Dannemann, ist sich aber sicher, daß seine Beamten es nicht waren. Mit dieser Begründung will Dannemann, so teilte er auf Anfrage der taz mit, die Eröffnung eines Disziplinarverfahrens ablehnen, das zwölf seiner höheren Beamten gegen sich selbst beantragt hatten. „Ein Persilschein erster Klasse“ werde die Ablehnung der dienstrechtlichen Ermittlungen sein, versicherte Dannemann.

Zur Erinnerung: Die Suche nach der undichten Stelle, die den Vorbericht des Bremer Rechnungshofes über Haushaltsverstöße des Staatsrates Hoffmann der Presse zugespielt hat, hatte im Juli Kripo und Staatsanwaltschaft in Bremer Zeitungsredaktionen geführt. Sie fanden bei Buten&Binnen und beim Weser-Report eine Kopie und stellten aufgrund der Paginierung eindeutig fest, daß es sich um Kopien des dem Finanzressort zur Stellungnahme übersandten Exemplares handeln müsse.

Finanzsenator Ulrich Nölle (CDU) gab dann nicht die Genehmigung für weitere Ermittlungen in seiner Behörde. Die zwölf Beamten, die als erste über eine Kopie verfügt hatten, wollten daraufhin den Verdacht des „Geheimnisverrates“ nicht auf sich sitzen lassen und beantragten dienstrechtliche Untersuchungen gegen sich selbst. Das nun will der zuständige Staatsrat Günter Dannemann nach ersten Vorermittlungen gar nicht erst eröffnen: Es stehe fest, daß bei seinen Beamten nicht die undichte Stelle sei, ließ Dannemann mitteilen.

Wenn das der Sachstand ist, läßt dies nur eine Schlußfolgerung zu: Die undichte Quelle muß ganz oben in der Führung des Ressorts liegen. War es Senator Nölle persönlich? War es Staatsrat Beermann? Ressortsprecher Thomas Diehl ist die Frage verständlicherweise unangenehm. „Wir beteiligen uns nicht an solchen Spekulationen“, die Frage sei „legitim, ich muß sie aber zurückweisen“.

Staatsrat Johannes Beermann verweist darauf, daß das Gericht die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen als unverhältnismäßig kritisiert habe, das Finanzressort habe also zu Recht die weiteren Ermittlungen abgeblockt. „Die Journalisten wissen es doch, woher sie es haben“, meinte er. Die Gerüchte, daß er selbst die Quelle sei, kennt er; da stadtbekannt ist, daß ihn mit dem starken Mann im Rathaus eine abgrundtiefe Feindschaft verbindet, traut man ihm die Intrige zu. Beermann zur taz: „Ich sehe das relativ leidenschaftslos.“ Wobei, gesetzt den Fall, er wäre es gewesen, dies auch nicht rechtlich als „Geheimisverrat“ einzustufen und zu verfolgen gewesen wäre, er dürfe sowas weitergeben – „davon gehe ich aus“.

Rein rechtlich stimmt das allerdings nicht: Auch ein Staatsrat ist ein weisungsabhängiger Beamter, er darf den Charakter eines Dienstgeheimnisses nur aufheben, wenn er auf Weisung seines Senators handelt. K.W.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen