: Wer ist der zweite Kultursenator im Land?
■ Friedrich Rebers zur Kulturpolitik der „Sparkasse in Bremen“ und ihr Verhältnis zu Geldhunger und Projekten der öffentlichen Hand
Gar nicht so klammheimlich gibt es in Bremen einen zweiten Kultursenator. Er heißt Friedrich Rebers, ist „ganz überzeugter Bremer“ und im Vorstand der „Sparkasse in Bremen“, einem so urbürgersinnigen Institut, daß es weder „Sprecher“ noch „Vorsitzenden“ kennt, sondern einen „Ältesten“. Selbstverständlich spricht er das Bremer S. Er ist so nett wie nüchtern und regiert in einem handwerkschönen, mahagonifunkelnden Jugendstilseitenflügel der Sparkasse am Brill, den er liebt und pflegt wie diese. Sein Zimmer ist dasselbe, in dem er sich 1944 als Lehrling vorstellen mußte. Sein Kulturetat ist etwas größer als der Lottotopf des Kul
tursenators. Damit und mit einem Dutzend Ehrenämtern tradiert er einen staatsunabhängigen Bremer Bürgersinn, um dessentwillen er die alte Stadtrepublik „liebenswert“ findet.
Sie sind ja so ein kleiner Privat-Kultursenator. Fassen Sie ihre Entscheidungen, was Sie finanzieren und wofür Sie sich einsetzen, als Ergänzung oder als Korrektiv der Politik der Hauptkulturbehörde auf?
Sowohl als auch. Man kann mit den Dingen, die vom Senat kommen, nicht immer 100prozentig einverstanden sein. Z.B. dieses Musikfest im letzten Jahr, das über drei Millionen gekostet und eigentlich nicht viel gebracht hat.
Da sagen wir dann: Menschenskind, da sind unsere Kassenhallenkonzerte fast besser besucht. Die macht Radio Bremen sonntags morgens in unserer Kassenhalle statt in der Rathaushalle. Die sind mit ihren Mietforderungen wohl zu hoch gegangen, und da habe ich dem Klostermeier (RB -Intendant / U.S.) mal angeboten, Mensch, macht doch das hier bei uns.
Auch sonst gibt es da Dinge, die ich eigentlich nicht gut heißen kann. Z.B., wie nennt sich das, dieses Weserfest...
Die Breminale.
Das sind Veranstaltungen, die teilweise recht primitiv sind. Man müßte das ein bißchen anders an
packen würde, straffer. Vielleicht sind das auch Generationsunterschiede. Aber es sind auch immer so Halbheiten: Man will, und dann hat man wieder kein Geld, und dann wird eben nichts Richtiges draus. Dann wirkt das eben stümperhaft.
Die kriegen 100.000 Mark und danach nochmal das gleiche.
Ja, dann sollte man es lieber sein lassen, oder es kleiner machen, aber effektiver.
Arbeiten Sie mit der Kulturbehörde zusammen, so daß Sie gefragt werden, Projekte mitzutragen?
Ja, seitdem das Geld knapp ist, würden die am liebsten jede Sache, die sie machen, bezuschußt haben. Und da sagen wir sehr oft: Nee, Leute, wir sind ja nicht dazu da, die ganzen öffentlichen Haushalte abzudecken. Eine sehr starke Zusammenarbeit gibt es in den letzten Jahren in Sachen Böttcherstraße und in Sachen Kulturforum/Teerhof. In der Böttcherstraße hat die Sparkasse die Häuser gekauft, damit sie bremisch bleiben und nicht in verschiedene Hände gehen, und die Stadt hat die Kunst gekauft. Und da sage ich gern: Unsere Häuser wären ohne die Kunst ja nur noch Fassaden. Und die Kunst ohne die Häuser wäre auch ohne Bedeutung.
Denn dann würde man die Kunst in die Magazine der Häuser packen, die sowohl in der Kunsthalle wie im Fockemuseum bersten.
Es wäre aber schade, wenn durch die Paula Becker-Sammlung das Foto-Forum verdrängt würde, das die spannendsten Fotoausstellungen in die Stadt geholt hat.
Wir sind bemüht, die einmalige Becker-Modersohn-Sammlung, die sich zusammensetzt aus Stücken der Stadt, der Kunsthalle und aus ganz vielen Stücken der Paula-Becker-Modersohn -Stiftung, insgesamt etwa 800 Stücke, in die eigens für Paula Becker-Modersohn gebaute Galerie zurückzunehmen. Wir hätten dann Skulpturen von Hoetger vereint mit Werken von Paul Becker zu einem neuen Museum, das einmalig auf der ganzen Welt ist. Das Foto-Forum müßte diese Räume räumen. Wahrscheinlich werden wir das Foto-Forum in das Haus der Post am Eingang der Böttcherstraße bringen, neben dem Schütting, die haben auch eine große Halle unten.
Warum engagieren Sie sich gerade bei Böttcherstraße und Teerhof?
Bei der Böttcherstraße war das, als Roselius anfing, einzelne Häuser zu verkaufen, aus der Not geboren, Überschrift: Die Böttcherstraße muß auch in 100 Jahren noch bremisch sein und darf nicht auseinandergerissen werden. Beim Kulturforum ist es so, daß ich ja Initiator der Bebauung war. Daß aus diesem Trümmerplatz nach 40 Jahren wieder eine
lebendige Halbinsel wird, wo nicht Autos parken.
Sind Sie zufrieden mit dem, was dabei rausgekommen ist?
Ja, sehr. Ich habe selbst in dem Gestaltungsbeirat in ganz vielen Sitzungen mitgewirkt, über Architektenentwürfte mitentschieden. Und ich glaube, man kann allgemein sehr zufrieden sein, weil sehr viel Fach- und Sachkunde zusammengekommen ist. Die Idee ist dann insbesondere von den Bürgern der Neustadt gekommen, daß an der Nahtstelle Altstadt-Neustadt im kulturellen Bereich etwas entstehen soll. Neben dem modernen Museum in der Weserburg ist da die Idee zu einem Kulturforum für Theater, Lesungen, und Galerie entstanden, in Verbindung mit einem Gästehaus für die Uni. Die Stadt hat hervorragende Vorstellungen, was da alles entstehen soll, aber keinen Pfennig auf der Naht, außer von der Uni für das Gästehaus. Um die Finanzierung werden wir uns also bemühen.
Sie versuchen, Leute zusammenzubringen für eine Finanzierung, die Sie nicht allein tragen wollen oder können?
Wollen. Das trägt sich ja nachher nicht. Das wird eher ein Zuschußbetrieb, wo man hinterher jedes Jahr ein paar Hunderttausend Mark reintun muß. Das sind dann so Problemunternehmungen, wo man sich persönlich sehr stark engagieren muß. Wo man eventuell auch den einen oder andern Nackenschlag dabei bekommt. Fragen: Uta Stoll
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