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Archiv-Artikel

„Wer gläubet muss singen“

Betr.: „Lobpreis nur noch dissonant“, taz bremen, 9. 5. 2008

Frömmigkeit steht nicht im Gegensatz zur Musik. Solange aber die Menschen innerhalb der Gemeinden nicht einstehen für eine singende Kirche und den Kurs ihrer Bauherren und Pastoren notfalls korrigieren, werden wohl immer mehr Kantoren, denen die Chorarbeit am Herzen liegt, außerhalb der Kirche arbeiten müssen.

Der große Kinderchor im Viertel unter der Leitung von Stefan Reiss ist das beste Beispiel dafür. Wenn der Domchor im Herbst zum Ratschor wird, würde diese Entwicklung nur konsequent fortgesetzt. Schon seit Jahren sind die oratorischen Passionsaufführungen viel besser besucht als die Karfreitagspredigten. Wenn es den Mitgliedern der Domgemeinde so offensichtlich egal ist, auf welchem Niveau das gesungene Gotteslob in der Kirche erklingt, dann haben sie jetzt mit dem Organisten und Musikwissenschaftler Gravenhorst genau den Kantor, den sie verdienen – und Coburgs Bachchor kann sich freuen, dass ihm sein Leiter Peter Stenglein erhalten bleibt. Stenglein sagte: „Für den lieben Gott ist das Beste gerade gut genug.“ Damit zeigte er genau dieselbe Begeisterung für seine Arbeit wie der Kantor in Horn, Alexander Lang, den die Leitung seiner Gemeinde lieber gestern als heute entlassen würde.

Dagegen steht das Wort Martin Luthers: „Singet dem Herrn ein neues Lied. Denn Gott hat unser Herz und Mut fröhlich gemacht durch seinen lieben Sohn, welchen er für uns gegeben hat zur Erlösung von Sünden, Tod und Teufel. Wer solches mit Ernst gläubet, der kanns nicht lassen, er muss fröhlich und mit Lust davon singen und sagen, dass es andere auch hören und herzukommen.“

Vereinzelte merken es schon, wohin sich die Bremer Kirche entwickelt. Ein altes Gemeindemitglied in Horn hat es in einer Diskussion mit dem Vorstand einmal auf den Punkt gebracht: „Ihr dürft nur eines nicht vergessen – der Letzte macht das Licht aus.“ ELISABETH LAHUSEN, BREMEN