■ Wenn sie ihn noch nicht gefunden haben, werden sie ihn sicher finden: die Waffen den Weg in die Spannungsgebiete: Was abmontiert ist...
Die Regierung von Indonesien kauft in Deutschland alte und rostige Kriegsschiffe, für billige 20 Millionen Mark, und dazu drei U-Boote, es können mehr werden. Alle – bis auf Menschenrechtler und einige vom Konflikt zwischen höherer Moral und norddeutscher Parteibasis gerüttelte SPDlerInnen – sind glücklich: die norddeutschen Werften erhalten Aufträge und damit Arbeitsplätze, die Indonesier billige Kredite für Folgeaufträge, an denen wiederum auch deutsche Firmen verdienen, die ihrerseits wieder einen Fuß in den aufstrebenden südostasiatischen Markt setzen. Und die deutschen Entwicklungshilfegelder dienen so gewissermaßen dem technologischen Fortschritt in der Welt.
Wir liefern keine Waffen in Spannungsgebiete, sagt die Bundesregierung. Und sie behält sich vor zu bestimmen, was ein solches Gebiet ausmacht. Indonesiens Militär führt keinen Krieg gegen Völker, die es nicht besetzt hat. Also führt es eigentlich keinen Krieg? Der Regierungsstil dort entspricht nur noch nicht ganz unseren eigenen Menschenrechtsstandards, tut die Bonner Regierung kund. Außerdem ist Indonesien Mitglied der Südostasiatischen Staatengemeinschaft Asean, in dem sechs Länder vertreten sind, die fast alle wirtschaftlich interessant sind, kleine Tiger und solche in spe. Länder mit Generälen, die zufriedengestellt werden müssen. Länder, deren Regierungen das Geld haben zum Aufrüsten und das gegenwärtig auch fleißig tun. Die Asean ist nach eigenem Beschluß kein Militärbündnis, die Bundesregierung weiß es besser und läßt verlauten, man behandele sie aber als solche.
Immerhin, daß es sich bei dem Geschäft mit Indonesien nun ausgerechnet um Kriegsschiffe statt Baukräne handeln muß, ist bedauerlich. Aber die deutsche zivile Technologie wollen die asiatischen Staaten nicht so recht, da nehmen sie Japanisches. Macht eigentlich nichts, da es sich um rein defensive Kriegsschiffe handelt, von denen ja auch noch einiges abmontiert wird. „Teildemilitarisierung“ heißt das dann.
Was für ein Unfug: Die Indonesier wollten Kriegsschiffe und keine Fischereiboote, und sie bekamen ihre Kriegsschiffe. Was abmontiert wird, läßt sich schon wieder draufbauen. Die Bundesrepublik ist drittgrößter Waffenexporteur der Welt. Einflußreiche Industrievertreter erklären, der technologische Standard dieses Landes sei nur zu halten, wenn bei den Rüstungsexporten nicht gebremst wird. Die Rüstungsexportbestimmungslockerungsanhänger halten die deutsche Wirtschaft offensichtlich für unfähig, den internationalen Herausforderungen im zivilen Bereich standzuhalten. Anstatt daß sich die Manager an die Brust klopfen und bußfertig so lange das Gehalt kürzen, bis ihre Firmen bessere Baukräne und Energiesparsysteme – o.ä. – entwickeln, fallen sie auf alte Erkenntnisse zurück: Waffen finden immer Abnehmer, und nach uns die Sintflut.
Natürlich hatte der Kollege von der FAZ in gewisser Weise recht, als er anläßlich der innerhalb der CDU begonnenen Kampagne zur Lockerung der Rüstungsexporte gefragt hat, warum man eigentlich Waffen ausgerechnet in Länder verkaufen soll, die sie nicht brauchen. Allerdings liegt das nur an seiner vernebelnden Wortwahl: Denn Waffen werden nie an Länder verkauft. Und die Herren Einkäufer, selbst wenn sie die Waffen nicht gegen ihre eigene Bevölkerung oder die des Nachbarlandes richten, sind nicht gegen Sturzgefahr gefeit. Auch wenn sie sich wie im Falle Indonesiens seit fast dreißig Jahren an der Macht gehalten haben. Während sie das Sagen haben, können sie die Waffen auch in andere Länder verkaufen, deren Militärs sie brauchen.
Es ist im Grunde egal, wohin das Kriegsgerät zunächst verscherbelt wird, es schafft sich schon seinen Einsatzzweck. Schluß also mit dem Gesülze von „nicht in Spannungsgebiete“, „teildemilitarisiert“ und so weiter! Jutta Lietsch
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