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Archiv-Artikel

Wenn Leistung nicht lohnt

betr.: „ Hauptsache, abschieben“, taz vom 8. 5. 06

Tja, da werden Erinnerungen an meine eigene „Duldung“ wach. Ich selbst kam nach Deutschland 1991, habe in Bremen und Hamburg ein Dutzend Sprachen gelernt, mein Abidurchschnitt war 1,03, meine Geschwister hatten deutsche Pässe und wollten für uns aufkommen. All dies hat trotzdem nicht gereicht, also mussten meine serbisch-kroatisch-bosnischen Eltern und ich nach sieben Jahren Deutschland nach Atlanta, Georgia emigrieren. Das Leben im Slum haben wir auch überstanden, und zurzeit schreibe ich meine Doktorarbeit an der Princeton University.

Es hat wieder acht Jahre gedauert, bis ich als Touristin zurück nach Deutschland durfte. Eine bittere Wiederkehr, denn wenn ich als Amerikanerin (mit meinem englischsprachigen Mann) wahrgenommen werde, bewundern alle meine Sprachfähigkeiten und lächeln mich an. Als Bosnierin bekam ich immer finstere Blicke, wenn ich es wagte, mit meinen Eltern zu laut – und es war immer zu laut für manche – Serbokroatisch zu sprechen. Eine Europäerin bin ich anscheinend auch nicht, denn ich kann in Europa nicht arbeiten. Es ist eine schreckliche Sünde, in einem armen Land zur Welt gekommen zu sein, so ungefähr wie in Kafkas Kurzgeschichte über die Maus, die sich über die große weite Welt wunderte und dann in den Rachen einer Katze lief. MAJA PETROVIC, Princeton, New Jersey, USA

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