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American PieWenn Jets siegen

■ Alles neu macht der NFL-Auftakt

Drove my chevy to the levee, but the levee was dry

Eine Ära geht zu Ende. Soviel ist schon mal klar, schon nach dem ersten Spieltag der National Football League (NFL). Jerry Rice, der beste Wide Receiver in der NFL-Geschichte, wird kommenden Sonntag beim Spiel seiner San Francisco 49ers bei den St. Louis Rams zum ersten Mal verletzt ein Spiel aussetzen müssen. Das Knie von

Rice wurde während der 6:13-Auftaktniederlage gegen die Tampa Bay Bucaneers so böse lädiert, daß er möglicherweise die gesamte Saison ausfällt. Das ist nicht nur ein sportliches Problem für die 49ers, sondern noch viel mehr ein psychologisches. „Daß Jerry sich verletzt“, sagte ein ungläubiger Quarterback Steve Young, der sich im gleichen Spiel eine Gehirnerschütterung holte, „schien unmöglich“. In 13 langen NFL-Jahren, die für die 49ers zudem überaus glorreiche waren, zog sich Rice keine einzige ernsthafte Blessur zu: Er stand, noch mehr als der legendäre Joe Montana, für Konsistenz und Erfolg in San Francisco. Aber bereits in der letzten Saison deutete sich an, was sich nun auch unter dem neuen Coach Stece Mariucci fortsetzte: Die Verteidigung gehört zwar immer noch zu den besten, aber ausgerechnet der Angriff, früher mit Rice und Young das Prunkstück, kommt nicht ins Rollen. Und das liegt nicht nur an der Verletzungsanfälligkeit der Protagonisten. Auf die in den 80ern von den 49ers eingeführte, damals revolutionäre West-Coast-Offense, die vor allem mit kurzen schnellen Pässen operiert, haben sich die anderen Teams längst eingestellt.

Überhaupt ist die NFL weiter in dem Umbruch, der schon im letzten Jahr im Gang war, als mit den Carolina Panthers und den Jacksonville Jaguars beide Expansions-Teams das Halbfinale erreichten. Die neue Saison begann mit vielen Überraschungen: Und ausgerechnet die New York Jets, die im vergangenen Jahr nur einmal gewinnen konnten, steuerten den höchsten Sieg bei. Unter ihrem neuen Trainer Bill Parcells, im letzten Jahr noch beim Super-Bowl-Finalisten New England Patriots, demolierten sie die Seattle Seahawks mit 41:3. Überhaupt wechselten vor dieser Saison Quarterbacks und Trainer ihre Stühle so fröhlich wie selten zuvor. Und die Houston Oilers machten sich gleich ganz davon nach Memphis und heißen nun Tennessee Oilers. Sie gewannen ihr Debut im neuen Stadion zwar in der Verlängerung 24:21 gegen die Oakland Raiders, aber es kamen nur 30.171 Zuschauer. Vielleicht war es doch keine so gute Entscheidung, aus dem footballverrückten Texas in die Nachbarschaft des kultisch verehrten College-Teams von Tennessee zu ziehen.

Die NFL hat die Besitzer der Teams schon lange nicht mehr im Griff. Seit Jahren versucht man nun schon, wieder ein Team nach Los Angeles zu bringen, schließlich ist die kalifornische Stadt der zweitgrößte TV- Markt im Lande. Statt dessen mucken sogar Besitzer wie Ralph Wilson auf: Der Eigentümer der Buffalo Bills stand sonst immer ganz vorne, wenn es galt, Kollegen zu kritisieren, die ihre Klubs dahin transferierten, wo neue Stadien und bessere Bedingungen auf sie warteten. Bis kurz vor der Saison drohte nun Wilson selbst, seine Bills zu verschiffen, bis die Stadt schließlich einlenkte und mit ihm für 15 Jahre einen lukrativeren Stadionvertrag aushandelte.

Die NFL verändert sich, aber immerhin eines bleibt beim alten: Super-Bowl-Gewinner Green Bay schlug in der Nacht zu Dienstag mühelos mit 38:24 die Chicago Bears — und das trotz eines rostigen Brett Favre. Die Packers sind auch in diesem Jahr wieder die großen Favoriten. Thomas Winkler

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