Weniger Entschädigungen als gedacht: Großer Andrang beim Kohleausstieg

Zu den Steinkohlekraftwerken, die nächstes Jahr stillgelegt werden, gehören mit Moorburg und Westfalen auch neuere Anlagen.

Blasmusiker vor Kraftwerksblöcken und Strommasten

Moorburg wegblasen: Die „Churches for Future“ vor dem Kraftwerk auf der Hamburger Klimawoche Foto: Markus Scholz/dpa

BERLIN taz | Der Ausstieg aus der Steinkohlenutzung kommt schneller und wird günstiger als gedacht. Statt der vom Gesetz vorgesehen 4.000 Megawatt werden zum Jahreswechsel Kraftwerke mit einer Leistung von fast 4.800 Megawatt stillgelegt. Und die Entschädigung, die die Betreiber dafür enthalten, beträgt mit 316 Millionen Euro nur 40 Prozent der maximal möglichen Menge.

Entschieden wird über die Stilllegung in einer Auktion: Die Betreiber von Kohlekraftwerken konnten dabei mitteilen, welche Leistung sie gern stilllegen möchten und wie viel Entschädigung sie dafür fordern; wer den Zuschlag bekommt, richtet sich zum einen danach, wer die geringste Entschädigung fordert, und zum anderen danach, wieviel CO2 ein Kraftwerk ausstößt. Am Dienstag hat die zuständige Bundesnetzagentur die Ergebnisse der ersten Auktion bekannt gegeben. Dabei zeigte sich, dass es ein großes Interesse gibt, Kraftwerke stillzulegen: Die Ausschreibung sei „deutlich überzeichnet“ gewesen, teilte die Behörde mit.

Zudem wurde deutlich, dass sich auch neuere Steinkohlekraftwerke für die Betreiber offenbar nicht mehr rechnen. Zu den Anlagen, die einen Zuschlag bekommen haben, gehören neben den aus den 70er und 80er Jahren stammenden Großkraftwerken Walsum, Ibbenbüren und Heyden in Nordrhein-Westfalen sowie Hafen 6 in Bremen auch die drei jüngsten deutschen Steinkohlekraftwerke: das von RWE betriebene Kraftwerk Westfalen in Hamm und die von Vattenfall betriebenen Blöcke Moorburg A und B in Hamburg.

Diese Anlagen waren erst 2014 und 2015 in Betrieb genommen worden – trotz viel Kritik von Klimaschützer*innen. Gegen Moorburg war vor allem der Bund für Umwelt- und Naturschutz jahrelang juristisch vorgegangen. „Unser zäher Kampf gegen diese Klimakiller hat sich ausgezahlt“, kommentierte Geschäftsführerin Antje von Broock die jetzt beschlossene Stilllegung.

Die Spanne der Entschädigungen ist groß

Der große Andrang bei der Auktion hat dazu geführt, dass die Entschädigungen für die Betreiber geringer ausfallen als erwartet. Der gesetzliche Höchstpreis pro stillgelegtem Megawatt lag bei 165.000 Euro. Erhalten werden die Konzerne im Schnitt aber nur gut 66.000 Euro. Die Spanne ist dabei aber sehr groß: Das günstigste Megawatt geht für rund 6.000 Euro vom Netz, das teuerste für 150.000 Euro. Besonders gut gepokert hat dabei RWE. Aus Angaben des Unternehmens geht hervor, dass es für ein Drittel der stillgelegten Leistung mehr als zwei Drittel der gezahlten Entschädigung erhält.

Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) begrüßte das Ergebnis. „Die Ausschreibung erweist sich als erfolgreiches und effizientes Mittel, um den Ausstieg aus der Steinkohle zu organisieren“, erklärte sie. Grüne und Umweltverbände kritisierten dagegen, dass die Konzerne überhaupt Geld erhalten. „Das hätte man deutlich billiger haben können“, erklärte Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer. „Die meisten der Kohlekraftwerke, die jetzt einen Zuschlag für die Stilllegung bekommen haben, wären zeitnah auch allein aus dem Markt gegangen.“

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