: Weltbild Frau-betr.: "Flaschen und Frauen", taz vom 29.10.88
betr.: „Flaschen und Frauen“, taz vom 29.10.88
(...)Mir kommt es vor, als sei es die Hauptsache, das Weltbild der unterdrückten, sensiblen Frau, die die gesellschaftlichen Verhältnisse nur mit Trinken und Leiden aushalten kann, aufrechtzuerhalten. Und dann wird auch noch ohne genauere Recherchen davon ausgegangen, daß das überkommene Rollenverständnis ohne Reflexion auch in der gezeigten Therapieeinrichtung weitergepredigt wird und Therapie lediglich dazu dient, die Frauen wieder zum „Funktionieren“ in Familie und Gesellschaft fit zu machen.
(...) Die Arbeit meiner (auch männlichen) Kollegen und mir geht dahin, gemeinsam mit den Frauen mit nüchternem Blick ihre Lebensrealitäten anzuschauen und mit ihnen zu erarbeiten, welche Lebensbedingungen sie brauchen, um ohne Suchtmittel leben zu können sowie ihnen Unterstützung bei der konkreten Umsetzung in Veränderungen zu bieten.
(...) Außerdem wird in der Filmkritik kaum deutlich, daß es in diesem Film ja um die Kinder der suchtkranken Frauen ging, die oft mit erheblichen Schädigungen die Suchterkrankung ihrer Mütter auszutragen haben. Bei der Verantwortungsübernahme dieser Kinder nur von Mithilfe im Haushalt auszugehen, greift erheblich zu kurz und ich halte es für wichtig, durch Öffentlichkeitsarbeit, wie es auch dieser Film beabsichtigt, mehr Augenmerk und Energie auf diese Kinder zu legen.
Marianne Röger, Dipl.-Psychologin, Mehren
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