: Weltbankkredit für chinesische Arbeitslager
■ Menschenrechtler Harry Wu: 125-Millionen-Dollar-Kredit wird zum Betrieb chinesischer Arbeitslager genutzt. Von der Weltbank kommt kein Dementi
Berlin (taz) – Der prominente Menschenrechtler Harry Wu beschuldigt die Weltbank, mit einem Agrarkredit ihrer Tochter IDA Arbeitslager in China zu unterstützen. Wu sagte in Washington, die Weltbank habe China Kredite für Bewässerungsprojekte im Nordosten des Landes gegeben, die die chinesischen Behörden zur Unterstützung ihrer Arbeitslager in der Provinz Xinjiang nutze. In der Projektregion betreibe das chinesische Justizministerium sieben Arbeitslager und die Armee vierzehn kleinere Lager.
Die Weltbank wollte die Vorwürfe in einer ersten Stellungsnahme weder bestätigen noch dementieren. Sprecher Graham Barrett sagte, wenn die Vorwürfe bestätigt würden, werde sich die Weltbank aus dem Bewässerungsprojekt zurückziehen. „Wenn Herr Wu Beweise für Zwangsarbeit in dem Weltbankprojekt hat, würden wir sie gerne sehen.“ Es sei Weltbankpolitik, sich von Zwangsarbeit und Militärprojekten fernzuhalten. Man könne aber nicht verhindern, daß es in Projektregionen solche Anlagen gebe. China, der größte Schuldner der Weltbank, lehne es ab, die Bank über Militäranlagen und Arbeitslager zu unterrichten.
Auch im Bonner Entwicklungshilfeministerium wußte man gestern nicht viel über das Weltbankprojekt. Nur soviel: Das Projekt sei 1991 begonnen worden. Regierungskreise bestätigten aber, daß in Chinas Nordostprovinz Xinjiang eine Reihe von Straflagern existierten und daß dort die Gefangenen in der Landwirtschaft beschäftigt würden.
Erkin Alptekin vom Ostturkestanischen Verein in Europa sprach gegenüber der taz von 29 Straflagern in der Provinz Xinjiang mit rund 70.000 Häftlingen. Nach einem Bericht des Wall Street Journal seien allein in den vergangenen drei Jahren 40.000 neue, nicht politische Häftlinge in die Region verschickt worden. Nach dem Massaker am Pekinger Tiananmen- Platz hatte die Regierung auch Hunderte von politischen Gefangenen dorthin verschickt. Wu liegt unter anderem ein interner Weltbankbericht aus dem Jahr 1991 vor, in dem von Arbeitslagern und Militärfarmen nicht die Rede ist. Das Projekt sollte danach chinesische Bauern bei der Gewinnung von Ackerland am Rande der Taklimakan-Wüste unterstützen und dabei 136.000 Arbeitsplätze schaffen. Angebaut werden sollten Baumwolle und Getreide. Außerdem sollte die Viehzucht unterstützt werden. Statt dessen habe die Regierung in Peking das Geld aber zum Aufbau von 21 Lagern und 30 Militärfarmen der Volksarmee genutzt. Eines der Straflager, die Pailu-Farm, sei in den Weltbankkarten des internen Berichtes sogar verzeichnet. Hermann-Josef Tenhagen
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