piwik no script img

■ Mit dem Buko auf du und duWellenbewegung

Heidelberg (taz) – Die Delphine, die bekanntlich intelligenter als die Menschen sind, wußten schon längst, daß die Welt vernichtet würde. Sie versuchten, die Menschen zu warnen. Doch die mißverstanden die Mitteilungen als possierliche Sprünge und Ballspiele. Die Delphine, so steht es in „Per Anhalter durch die Galaxis“, verließen daraufhin die Erde mit einer letzten Kapriole, die übersetzt bedeutete: „Macht's gut und danke für den Fisch“.

„Danke für den Fisch“ nannte sich auch die Arbeitsgruppe, die die Nachhaltigkeitsdebatte für den 20. Bundeskongreß entwicklungspolitischer Aktionsgruppen, kurz Buko, vorbereitete. Mit einer fundamentalen und fundierten Kritik an der Studie „Zukunftsfähiges Deutschland“, die BUND und Misereor letztes Jahr vorstellten, erlebte der Buko ein echtes Comeback.

Zuvor war es lange still geworden um die Dachorganisation von rund 200 Soligruppen und Eine-Welt-Läden. Von dem Verlust linker Utopien nach 1989 – mindestens so wichtig wie das Ende des realexistierenden Sozialismus dürfte dabei die Wahlniederlage der Sandinisten in Nicaragua gewesen sein – scheint sich der Buko bis heute nicht erholt zu haben. Schwerpunktthemen wie „Kultur und Widerstand“ oder „Patriarchat und Solidaritätsbewegung“ reichten nicht mehr zu einer breiten Mobilisierung. „Die Bewegung ist eben wellenartig“, sagt Ralf Berger von der Buko- Geschäftsstelle schulterzuckend.

Die Welle war 1976 losgerollt. Überall in der BRD arbeiteten damals mehr oder weniger isoliert Dritte-Welt-Gruppen. Die mangelnde Koordination störte selbst den damaligen Entwicklungshilfeminister Egon Bahr (SPD), der die Aktionsgruppen für seine eigene Öffentlichkeitsarbeit nutzen wollte. Das Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) regte denn auch das erste Treffen der Aktionsgruppen an – und finanzierte es.

Schnell wurde der Buko eine feste Größe in der Dritte-Welt- Szene. Das Kind des BMZ ging auf Distanz zu seinem Vater und wurde zu einem der vehementesten Kritiker der bundesdeutschen Entwicklungspolitik. So verlor der Buko mit dem Aufruf „Waffen für El Salvador“ 1981 die finanzielle Unterstützung durch das BMZ. Ab 1980 wurden Kampagnen (Pharma, Agrar und Rüstungsexporte) ins Leben gerufen, die bis heute arbeiten – allerdings inzwischen völlig unabhängig.

Ihren Höhepunkt erreichte die Welle 1988, als der Buko maßgeblich die Kampagne gegen IWF und Weltbank mitorganisierte. Seither bröckelten Interesse und Mitarbeit deutlich ab. Den Weg zur Pofessionalisierung und zu einer pragmatischen Lobbypolitik, den viele entwicklungpolitische Gruppen ab 1989 einschlugen, ging der Buko bewußt nicht mit. Dadurch würden nur „die HERRschenden Spielregeln des Systems akzeptiert“, so steht es in der Broschüre „20 Jahre Buko“.

Selbstkritisch stellen die Autoren des Heftes aber auch die Folgen dieser Entscheidung fest: Zahlreiche Aktive verabschiedeten sich von der Organisation, die für sie als Dinosaurier der entwicklungspolitischen Szene galt. Der Buko selbst versteht sich mit seiner Prinzipienfestigkeit weiterhin als eine der letzten Bastionen radikaler Systemkritik. Nicola Liebert

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen