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■ Welt Weit GrönlingWelcher Setup-Typ sind Sie?

Unbestätigten Gerüchten zufolge soll man den Windows-PC auch noch für andere Dinge benutzen können, als dauernd im Internet herumzusurfen oder verquaste Textchen abzusondern. Auf der CeBit gibt's Software für jede Lebenslage, und deshalb beschließe ich, mal etwas anderes zu installieren als immer nur Browser, Mail- und Chatprogramme. Eine CD-ROM zur „computergestützten Wohnungseinrichtung“ scheint mir ideal; so etwas hat vor zwei Jahren ein paar tausend Mark gekostet und ist heute richtig preiswert zu haben. Sie soll mir bei der Gestaltung meiner Traumvilla in Niederschweineöde helfen – oder zumindest Vorschläge für die Altbauwohnung machen.

Was man so braucht, ist gleich dabei: Möbel, Kunst, Teppiche und Gardinen. Sogar an virtuelle Aschenbecher haben sie gedacht. Ganz aufgeregt verpasse ich dem Setup-Programm einen Doppelklick. Bevor jedoch das Symbol unserer Zeit, die Windows-Sanduhr, zu rödeln beginnt und mich in die Kaffeepause entläßt, fragt mich das Installationsprogramm in einer jener unsäglichen Dialogboxen, die mich schon so oft zur Weißglut getrieben haben, wie ich's denn gerne hätte. Unter der Überschrift „Setup-Typ festlegen“ werde ich um anklickbare Auskunft darüber gebeten, ob ich „komplett“, „minimal“ oder „benutzerdefiniert“ installieren will. Betretene Momente. Letzteres scheidet von vornherein aus, da erscheinen doch wieder nur Dialogboxen, in denen ich Dinge anklicken soll, die ich nicht verstehe. Überhaupt: Was bedeutet schon „benutzerdefiniert“? Ich entscheide mich für „minimal“, das kenne ich von „Minimal Music“ und erscheint mir goldrichtig: Musik, nur um Musik zu machen – und nicht um damit Geschichten zu erzählen oder Gefühle auszudrücken. Schließlich will ich mit diesem Programm nicht jeden Tag arbeiten, sondern es nur mal ausprobieren. Und obwohl das heute kein Kostenfaktor mehr ist, erspare ich mir und meiner Festplatte 90 Prozent des bei der Komplettinstallation fälligen Speicherplatzes.

Doch was habe ich davon? Die Entscheidung über den Setup-Typ ist gewichtig, man darf das nicht unterschätzen. Wichtige Dinge fehlen einfach, selbst die Auswahl der richtigen Kaffeetasse wird mir verwehrt. Das läßt sich nachträglich nimmermehr verändern, ich kann es dank Windows 95 lediglich rückgängig machen, indem ich den ganzen Kram von der Platte putze. Dann muß ich von vorn anfangen. Ob ich vielleicht doch einmal eine professionelle Typenberatung in Anspruch nehme? Dieter Grönling

groenling@compuserve.com

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