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Weizsäcker schwächt seine Kritik ab

Bonn (dpa) — Bundespräsident Richard von Weizsäcker ist dem Eindruck entgegengetreten, er habe mit seinem kritischen Interview zur Rolle des Parteienstaates und zur Vereinigungspolitik Bundeskanzler Helmut Kohl gemeint. Der Bundespräsident habe in dem Gespräch „keine spezielle Kritik gegenüber der Bundesregierung geäußert“, sagte sein Sprecher Henning Horstmann am Mittwoch. Diesen Eindruck habe auch der Bundeskanzler. In der Umgebung Kohls hieß es dazu, der Kanzler behalte sich eine Reaktion auf die Weizsäcker-Überlegungen vor. Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Johannes Rau (SPD) und der stellvertretende CDU/CSU-Fraktionschef im Bundestag, Heiner Geißler, nahmen Weizsäcker vor der Kritik in Schutz, seine Äußerungen seien mit seinem Amt nicht vereinbar. „Natürlich darf er so etwas sagen, denn der Bundespräsident ist kein politisches Neutrum“, sagte Rau. Allerdings finde er dessen Urteile über die Parteien nicht gerecht. Er hätte sich „ein Wort der Ermutigung“ für die Politiker gewünscht, die sich gegenwärtig in einer schwierigen Lage befänden. Nach Ansicht Geißlers kann Weizsäckers Kritik am Parteienstaat eine nützliche Diskussion über die Rolle der Parteien auslösen. Sie müßten jetzt inhaltliche und konzeptionelle Führung anbieten.

Weizsäcker kritisiert in dem als Buch erschienenen Interview Versäumnisse der „politischen Führung“ bei der Vereinigungspolitik. Den Menschen sei nicht rechtzeitig das Ausmaß der für den Aufbau im Osten erforderlichen finanziellen Leistungen deutlich gemacht worden. Scharf wendet sich der Bundespräsident gegen den Einfluß der Parteien, denen er „Machtversessenheit“ und einen verfassungsrechtlich bedenklichen Einfluß vorwirft. Außerdem vermißt er „konzeptionelle Führung“ in der Bundesrepublik, was zu einem „geistig-politischen Machtvakuum“ führe.

Siehe auch Seite 12

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