: Weitere Kürzungen
■ Internes Protokoll des SPD-Kabinetts
Hannover – Die SPD-Regierung plant über die bisher bekannt gewordenen Maßnahmen hinaus weitere erhebliche Einschnitte in der Sozial- und Bildungspolitik für die nächsten zwei Jahre. Das geht aus dem internen Protokoll der zweitägigen Kabinettsklausur der Landesregierung hervor.
Die massive Kritik aus Opposition, Verbänden und Gewerkschaften hielt auch am Freitag an. Vertreter der Wohnungswirtschaft warfen der SPD sozialpolitischen Kahlschlag und Wählerbetrug vor. Unterdessen bestritten einzelne Ministerien die Darstellung des Regierungssprechers, daß es eine generelle Wiederbesetzungssperre für den öffentlichen Dienst gebe. Dagegen lehnten Finanzministerium und Staatskanzlei wie schon am Vortag kategorisch Informationen zu einzelnen Beschlüssen ab.
Das 14seitige Kabinettsprotokoll bestätigt, daß für zwei Jahre die jährlich 275 versprochenen zusätzlichen Lehrer nicht eingestellt werden. Ebenso sollen 1995 und 1996 „keine neuen Wohnungsbauprogramme“ aufgelegt werden. Das Finanzministerium hatte am Freitag noch erklärt, es handele sich nur um Prüfaufträge. Die Stadtsanierung und die Wohnungsmodernisierung wird für zwei Jahre ausgesetzt.
Im Sozialbereich sollen weitere Einsparungen geprüft werden. Ziel sind Kürzungen in Höhe von 20 Millionen Mark bei den Sozialstationen und 30 Millionen Mark bei der Altenpflege. Nach Einsparungen gesucht wird bei der Betreuung von Ausländern, ebenso bei der Aids-Vorsorge und der Suchtbekämpfung. Die öffentliche Beförderung von Behinderten soll möglicherweise „auf die Einkommensverhältnisse abgestellt werden“. Geplant ist auch, die Beratungsgesellschaft für Arbeitslosenprojekte wie Soziale Betriebe (LABIB) aufzulösen. dpa
Bei den Kindergärten werden nicht nur die Personalkostenzuschüsse bei 20 Prozent eingeforen, sondern für zwei Jahre auch sämtliche Zuschüsse für Investitionen ausgesetzt. Die Förderung von Kinderhorten soll binnen zwei Jahren ganz auslaufen. Beschlossen ist, drei Internate in Bad Harzburg, Bederkesa und Esens zu verkaufen und die Landesmedienstelle aufzulösen. Außerdem soll die Landeszentrale für Politische Bildung „mittel- bis langfristig“ aufgelöst werden. Auch das Landesinstitut für Lehrerfortbildung steht zur Disposition. Geprüft werden Einsparungen bei außerschulischer Berufsbildung, Anrechnungsstunden für Lehrer, Zuschüssen für Privatschulen, Auflösung der Vorschulklassen, niedrigerer Einstufung für neue Lehrer.
Unter Punkt eins der Sparbeschlüsse nennt das Protokoll, die Ausgaben für Öffentlichkeitsarbeit zu halbieren. Die Aufbaufonds mit Bremen und Hamburg werden für zwei Jahre ausgesetzt. Beim Beschaffungswesen der Polizei werden vier Millionen Mark eingespart. Die für SICAN (Mikroelektronik) wird ausgesetzt. Bei Wirtschaftförderung wird eine Einsparung von bis zu 45 Millionen Mark geprüft. Für den Hafenbau ist ein „Investitionsmoratorium“ ins Auge gefaßt. Über den Hafenstandort Emden soll gesondert „mit dem ehemaligen Mitglied des Landtags Bruns“ und dem Emder Abgeordneten Alwin Brinkmann (SPD) gesprochen werden.
Zur langen Liste der Vorschläge für Einsparungen oder höhere Einnahmen zählen auch: Erhöhung der Jagdabgabe, Verkauf von Domänen, Abschaffung des Forstplanungsamtes, Benutzergebühren in Bibliotheken, Verkauf der Industriewasserversorgungsgesellschaft Wilhelmshaven. Folgt Sparen zwei und Schluß (mit Reaktionen) lni am ek
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