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Weißer Rausch

■ Die schottischen Mogwai führen im Knust den Noise-Pop zu wunderbaren Höhen

Der Blumenverkäufer traute seinen Ohren nicht, und seine Augen strahlten unendliche Verwirrung aus: War er statt in den Liveclub Docks direkt in die Hölle geraten? Daß Menschen freiwillig in einem Raum stehen würden, der mit einem weißen Rauschen in brüllender Lautstärke beschallt wurde, überstieg seine Vorstellungskraft. Und doch war es so: Wir schrieben das Jahr 1992, und My Bloody Valentine beendeten ihr Konzert mit der vielleicht radikalsten Zuspitzung von dem, was je im Pop mit der Kategorie Noise gezeigt werden sollte. Nach zehn Minuten Ewigkeit war unsere Wahrnehmung nicht mehr die gleiche, und My Bloody Valentine verschwanden bis heute (fast) von der Bildfläche.

Am Sonntag beehrt nun mit Mogwai eine Band unsere Stadt, die diesen liegengebliebenen Faden wieder aufnimmt. Mogwai sind Briten, aber sie haben wenig gemein mit dem laschen My-Bloody-Valentine-Abklatsch, den „Shoegazer“geschimpfte Bands wie Slowdive Anfang der Neunziger servierten: Sie ergehen sich nicht in effekthascherischen „verträumten Klangkaskaden“, sondern bauen kontrolliert und spannungsvoll eine Dynamik auf, die dann lautstark ausbricht, den Gitarren dabei aber die Rauhheit ihres Klanges zugesteht. Mogwais Stücke beharren in ihrer Dramatik, in ihrem Einbau von Schlüsselmelodien, auf dem Prinzip „Song“, nicht aber auf dessen Struktur – zumal fast nie gesungen wird.

Glasgow und das vielversprechende Label Chemical Underground sind die Heimat der vier Musiker, die sich schon mal darüber aufregen, wenn im Labelbüro statt Bier wieder nur die süße schottische Nationalbrause Irn Bru im Kühlschrank steht. Glasgow gilt als die (musikalisch) weltoffenste Stadt Britanniens, und so wundert es nicht, daß die amerikanischen Post-Rock-Väter Slint von Mogwai in Ehren gehalten werden. Ein Song auf dem großartigen Debüt-Album Mogwai Young Team trug mal den Arbeitstitel Slint, und auch der Remix, den die Band für den Elektronik-Dokumentaristen David Holmes anfertigte, beruht auf einem Sample von Slints „Good Morning, Captain“. Holmes war von dieser Version so begeistert, daß er seine neu erworbene Bar in Belfast „Mogwai“nannte.

Vielleicht tut es ihm ja ein Hamburger Konzertbesucher bald gleich, denn Mogwais Sound ist mehr als die Summe der ohnehin illustren Einflüsse, und Augenzeugen berichten von grandiosen Auftritten – ohrenbetäubend, aber grandios. Wer Ohropax mitnimmt, mogelt!

Felix Bayer

So, 8. März, 21 Uhr, Knust

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