Weiße Flecken auf Google Maps: Georgien fehlt
Während Google von deutschen Straßen dreidimensionale Bilder erstellt, ist das Krisengebiet Georgien bei Google Maps nur eine weiße Fläche. Woran liegt das?
Google möchte nicht nur sämtliche Bücher der Welt digitalisieren und das gesamte Internet herunterladen - es möchte auch Kartenmaterial für den ganzen Globus online verfügbar machen. Dazu bietet der US-Konzern mit seinem Dienst "Google Maps" länderübergreifend Straßenkarten, Satellitenfotos und in Städten sogar dreidimensionale Ansichten an, anhand derer man sich virtuell durch die Straßen bewegen kann.
Es scheint, als gebe es nichts, was die Datenkrake Google nicht könnte. Umso erstaunlicher ist es, dass von der kleinen Kaukasus-Republik Georgien kein Material zur Verfügung steht. Ausgerechnet Georgien. Ausgerechnet jetzt. Weder die Hauptstadt Tiflis noch das gerade noch umkämpfte Gori oder irgendeine andere Stadt tauchen auf dem Bildschirm auf, wenn man Google Maps aufruft. Keine Straße, kein Dorf: Georgien ist - ebenso wie die angrenzenden Länder Aserbaidschan und Armenien – nur eine weiße Fläche.
Während Aserbaischans Nachrichtenagentur APA meldet, dass die Daten "nach dem Beginn der Militäroperation in Südossetien" entfernt worden seien, hat Google-Deutschland-Sprecher Stefan Keuchel eine pragmatischere Erklärung: "Die Daten sind nicht entfernt worden, sie waren noch nie da."
Google Maps beziehe, so Keuchel, die Daten von verschiedenen Firmen. Und für Georgien, Aserbaidschan und Armenien existierten schlicht noch keine Verträge. Außerdem gebe es noch mehr Länder, über die Google Maps keine Informationen habe.
Die gibt es tatsächlich: Neben Ländern wie Kasachstan und Usbekistan, die nur mit den wichtigsten Städten und Straßen auskommen müssen, tauchen auf der Internet-Weltkarte noch weitere auf, über die es überhaupt keine Infos gibt: Zypern etwa, Süd-Korea und Argentinien.
Einer von Googles wichtigsten Kartenlieferanten ist das niederländisch-belgische Unternehmen Tele Atlas. Auch deren Sprecher Dirk Bosmans glaubt nicht an einen politischen Hintergrund für die Weltkartenlücke. Die Gründe seien rein praktischer Natur: Tele Atlas erfasse die Daten selbst und lege seinen Schwerpunkt natürlich auf die Länder, in denen das Kartenmaterial dann auch gekauft werde, vor allem von Herstellern von Navigationssystemen und Autos. Die Daten, die Tele Atlas in Georgien, Aserbaidschan und Armenien bisher erhoben habe, seien noch so mangelhaft, dass sie für Google einfach noch nicht interessant seien, so Bosmans.
Er betont aber auch: "Unsere Karten werden von den meisten Kunden in Verbindung mit GPS genutzt. Das ist ein rein amerikanisches Satellitensystem, das nach wie vor auch militärisch genutzt wird." Das US-Militär hätte theoretisch die Möglichkeit, die Daten nur dort freizugeben, wo eine kommerzielle Nutzung ihren Interessen nicht im Wege stünde, sagt Bosmans.
Rein technisch könne es den Zugriff auf Regionen oder Länder für einen beliebigen Zeitraum sperren und die Satelliten-Navigation dort verhindern. Das sei einer der Hauptgründe, warum Europa seit einigen Jahren an seinem eigenen Satellitensystem "Galileo" arbeite.
Mit der Verfügbarkeit von Straßenkarten bei Google Maps hat das allerdings direkt nichts zu tun. Die Software ist nicht auf GPS angewiesen, solange man sich nicht mit seinem Handy orten lässt. Die weißen Flecken auf der Weltkarte haben also wahrscheinlich die denkbar unaufregendste Ursache: Es gibt schlicht noch keine digitalen Karten, die für nicht-militärische Zwecke zur Verfügung stehen. Man arbeite daran, heißt es bei Tele Atlas und Google.
Wer trotzdem genauer wissen will, wo die georgische Hauptstadt Tiflis oder die abtrünnige Provinz Südossetien liegen, findet eine Karte unter www.wikimapia.org. Dort können User selbst ihre Städte und Regionen in das Google-Kartenmaterial einfügen. Und im Notfall kann man ja auch gedruckte Karten benutzen - wir erinnern uns: diese Dinger, die man noch aus alten Filmen kennt.
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