: Wegen 100 Liter Bier
Die Kreisligakicker aus Rohrenfels und Ludwigsmoos kämpfen jetzt vor Gericht, bloß weil der Kempfle-Max . . .
ROHRENFELS taz ■ Der Kempfle-Max hat 15 Jahre lang in der 1. Mannschaft des SC Rohrenfels gespielt, Vorstopper, Außenstürmer, Verteidiger, alles. Jetzt freilich, da spielt der Kempfle Max nimmer, jetzt ist er 46 Jahre alt und Chef einer Küchenmöbelfirma. Aber was guter Fußball ist, das weiß er immer noch. Nicht nur, weil der Fußballplatz vom SC Rohrenfels an sein Firmengrundstück grenzt. Nicht nur, weil er der Sponsor vom SC Rohrenfels ist: Der Kempfle-Max beobachtet die übrigen Kreisligisten im bayerischen Umland zwischen Augsburg und Ingolstadt ganz genau.
Und so wunderte es ihn, dass ausgerechnet die leistungsstarken Kicker vom benachbarten SV Ludwigsmoos, im oberen Tabellendrittel, kurz vor der Sommerpause vier Spiele in Folge versemmelten. Das Ärgernis für seinen SC daran: Je häufiger die Ludwigsmooser verloren, desto wahrscheinlicher wurde der Abstieg der Rohrenfelser. Da kam ihm der böse Verdacht: Was, wenn die Ludwigsmooser absichtlich schlecht gespielt hätten? Was, wenn das Gerücht stimmte, sie hätten das für 100 Liter Freibier gemacht? Was, wenn wahr sein sollte, was ihm zugetragen wurde: dass der Ludwigsmooser Trainer dreist angekündigt habe, ja, und das nächste Spiel verlieren wir auch?
„Das wäre sehr unsportlich“, sagt der Sportskamerad Kempfle Max zur taz. Und genau so, „also nur als Vermutung“, habe er seine Überlegungen dem Redakteur des regionalen Sport Report geschildert. Wäre es dabei geblieben, dann gäbe es jetzt sicher nicht diesen Prozess zwischen zwei einst befreundeten Kreisklassisten vor dem Amtsgericht in Neuburg. Doch in der Zeitung standen dann ganz andere Zitate vom Kempfle-Max und auch Tatsachenbehauptungen wie diese: „Für ihn ist es jedenfalls Fakt, dass Ludwigsmoos absichtlich verloren hat!“
Das war zu viel der Ehrverletzung, sagt der Trainer vom SV Ludwigsmoos, Günter Kraus. Vereinsmitglieder hätten mit Austritt gedroht, Sponsoren mit Mittelkürzung. Und er, wie hätte er da gestanden? Als Säufer? Als Betrüger? Wo er doch mit „einer Mannschaft aus Verletzten“ und einem Torwart, der statt im Tor mit seiner Kommunionstochter in der Kirche stand, nur verlieren konnte?
Da drohte der SV Ludwigsmoos dem Kempfle-Max mit Klage, sollte der sich nicht entschuldigen und von seinen gedruckten Äußerungen distanzieren. Doch der Kempfle-Max denkt nicht daran: „Ich bin ja bloß falsch zitiert worden.“ Warum er dann nicht eine Gegendarstellung verlange? „Der Mann vom Sport Report ist für mich ein drittklassiger Journalist, der Schmarrn, den der so schlampert recherchiert hat, interessiert mich nicht.“ Also kaum schreiberische Kreisliga. Ja, und für seinen Verdacht, Trainer Kraus habe vorab angekündigt, beim nächsten Spiel wieder zu verlieren, nun ja, dafür habe er einen Firmenmitarbeiter als Zeugen. Der nämlich sei leider nicht Mitglied bei Rohrenfels, sondern bei Ludwigsmoos und wisse daher Bescheid.
So sagte er es auch am ersten Prozesstag vor drei Wochen im Amtsgericht Neuburg, und die dortige Aussage des Sport-Report-Redakteurs Manni Riedl interessierte ihn wieder nicht. Riedl ist stinksauer: „Ich hab das Interview mit dem Herrn Kempfle auf Kassette.“ Am morgigen Dienstag wird das Amtsgericht Neuburg entscheiden, ob der Fußballstreit nicht womöglich sogar ein Fall für das Landgericht Ingolstadt ist.
Wie auch immer die Sache ausgeht, den Klassenerhalt haben beide Mannschaften wider Erwarten doch noch geschafft. Am 8. Oktober werden sich der SV Ludwigsmoos und der SC Rohrenfels auf dem Platz begegnen. Ob sie sich dabei in die Augen schauen oder so richtig vors Schienbein treten oder womöglich sich tief in die Augen schauen, während sie sich vor die Schienbeine treten, darauf will derzeit niemand wetten.HEIKE HAARHOFF
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