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Wedemeier - Erbe Karls des Großen

■ Unser Bürgermeister setzt sich ein würdiges Denkmal, DIN A 5, 55 Seiten

Eine anständige Ahnen-Galerie ist in Deutschland immer noch der beste Ausweis stiller Größe. Unser aller Bürgermeister hat sich die Seinen jetzt in einer schlichten Broschüre einfallen und sich sich direkt ins würdig-wahlverwandte Wahlhall Deutscher Staatsmänner katapultieren lasen. Eine „Kleine Bremer Chronik“ hat Wedemeier sich unter besonderer Berücksichtigung der eigenen Verdienste in der Senatskanzlei zusammenstellen lassen. Und die geht so: Was Kaiser Karl 780 (Entsendung des Priesters Willehad ins heidnische Wigmodien) begann, endet 1990 vorläufig mit einem Wedemeier-Werk „Gründung der Systemtechnik Nord GmBH“. Deutscher Kaiser und haftbeschränkter Gesellschaftsgründer - wenn das nicht historische Ereignisse sind, die Bremens Historie würdig umrahmen!

Die kleine Broschüre zu seinem höheren Ruhme und mehrfacher Abbildung hat Wedemeier mal eben 20.000 Mal hochglanz- und mehrfarbdrucken und die Senatskanzlei 40.000 Mark kosten lassen.

Und: Was wir schon immer über die wichtigsten Erkenntnisse unseres Senatspräsidenten und die Vorzüge unseres Gemeinwesens unter seiner umsichtigen Regie wissen wollten es liegt ab sofort kostenlos im Fremdenverkehrsverein rum und wird einem obendrein in vielen Buchhandlungen nachgeschmissen.

Zum Beispiel auf Seite 8, wo uns unser Bürgermeister sagt: „Ich sage: Die deutschen Länder sind mehr als ihr Bruttosozialprodukt,“ Donnerlittchen! Welch tiefe Wahrheit, welch Schlag ins Kontor eines Hamburgers namens Gobrecht, der Bremen am liebsten einem norddeutschen Gesamtstaat einverleiben würde.

Und auch dieser von Dialektik zeugende Satz verdient, endlich einem größeren Publikum zugänglich gemacht zu werden: „Wir müssen neue Aufgabenfelder suchen, ohne unsere überkommenen Aufgaben zu vernachlässigen.“

Ansonsten bereichert die Broschüre uns um die Erkenntnis, daß das Land Bremen aus zwei Städten besteht, einen Landtag mit 100 Abgeordneten hat, jeder Bremer „die sittliche Pflicht“ zu arbeiten hat, daß der Unterricht an Bremer Schulen „bekenntnismäßig nicht gebunden“ ist und Klaus Wedemeier keine Richtlinienkompetenz hat.

Und trotzdem wird die Opposition die Broschüre vermutlich wieder mal für rausgeschmissenes Steuergeld halten. Unsere Nachwelt wird würdiger urteilen und sie wohl in einem Atemzug nennen mit der Verleihung des Bremer Marktrechts (888) und der Gründung Bremerhavens (1827). In der nächsten Auflage ist dem Vernehmen nach bereits eine Ergänzung geplant: „1990 - Klaus Wedemeier gibt eine Broschüre heraus.“

Rosi Roland

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