: Wattwurmsocken
■ Natürliche Kunst und künstliche Natur: Semesterausstellung in der Armgartstraße
Jede Menge Liegestühle aus Schwimmreifen und bunten Stoffen laden ein, sich hineinzulegen. Besonders attraktiv ist eine Gartenliege, die statt Plastikbezug mit echtem Rasen aufwartet und auf erfrischende Art und Weise natürlich Kunst ist. Die diesjährige Semesterausstellung des Fachbereichs Design wurde unter dem Titel Kunst als Neue Natur eröffnet, einem Projekt, in dem sich die StudentInnen künstlerisch mit den Themen Mensch, Technik und Natur auseinandergesetzt haben.
Die ProfessorInnen Eun Nim Ro und Klaus Waschk sind mit ihren SchülerInnen fünf Tage ins Wattenmeer gefahren, haben in Wilhelmshafen Telefonzellen und Sandgemälde fotografiert, sich gegenseitig mit Schlamm beschmiert und Wattwürmer aus den sumpfigen Strumpfsocken gebaut. Die überdimensionalen Schlammfresser sind in der Bildungsstätte appetitlich auf einem kleinen Holztisch angerichtet. Das Ganze sieht nach einem lustvoll dokumentierten Ausflug aus.
Bei Ryoram Meroses Studenten sind Jutetaschen zu Wandbildern geworden, und der Besucher hat die Möglichkeit, eine alternative Tragetasche mit der Aufschrift „Ich bin betroffen“zu erwerben, die ein grinsendes Woolworth-Frauchen ziert. Nett karikierter Öko-Betroffenheitskult.
Man wundert sich über einen Text, der aus einer Schreibmaschine hängt und sich zum Kleid aufwickelt. Oder über eine Maschendrahtfrau, an deren Stoffherz pa-pierne Ansprüche kleben wie „Sei doch mal locker“. Dieses Kunstwerk „Who stole my soul?“von Sandra Maak möchte das Verhältnis von Gesellschaft und Bewußtsein dokumentieren.
Beim Laufen durch die Gänge der Fachhochschule wird leise aber sicher auf den Sparzwang in Form von kleinen an die Treppenstufen geklebten Zetteln aufmerksam gemacht. Sparen, Einsparen, Wegsparen heftet an den Linoliumstufen und die Zettelchen wirken wie ein allgegenwärtig drohendes Flüstern des Senats. Katja Fiedler
heute, 9-20 Uhr Armgartstraße 24 und Wartenau 15
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