piwik no script img

Was soll der Unsinn?

■ betr.: "Eine Ostpartei für den Osten?", taz vom 5.6.92

betr.: „Eine Ostpartei für den Osten?“, taz vom 5.6.92

Die Zukunft der Linken in Deutschland ist offen. Auch die PDS mag — trotz oder für manche auch gerade wegen der Berliner Wahlergebnisse — nicht der Weisheit letzter Schluß sein. Doch was will Gregor Gysi mit einer „Volkspartei des deutschen Ostens“ oder einem ähnlichen Konstrukt? Alle linken, alternativen, den Horizont nostalgisch verklärter Bunkermentalität übersteigenden Ansätze würden einem bloßen, nach Wählerstimmen heischenden „Ossi- Populismus“ geopfert werden.

Brauchen wir nicht eher eine eingriffsfähige demokratische Linke in Gesamtdeutschland, ein grün-linkes Bündnis beispielsweise, offen für verschiedenste soziale Bewegungen von „Links-Alternativen“ bis hin zu linken, kritischen GewerkschafterInnen und linken SozialdemokratInnen, gegen angepaßte „Realos“ und „Wertkonservative“ bei „West“- Grünen und „Bündnis“, aber auch gegen „konservative“, unproduktive DDR-Nostalgiker gleich welcher Chamäleon-Färbung. (Trotz aller notwendigen parteiübergreifenden Verständigung auch mit Herrn Diestel kann mann/frau doch nicht die Augen davor verschließen, wo jemand steht, und das zeigt sich eben nicht in populistischem Eintreten für Partikularinteressen, sondern daran, welches Konzept er/sie für die Welt von heute und morgen hat).

Und gemeinsam wäre dann das Eintreten gegen die die Menschen, die Kultur, die Umwelt, die demokratischen und sozialen Rechte und so weiter in „West“ und „Ost“ gemeinsam treffende, den „Propheten“ von „rechts“ hinterherlaufende statt diese bekämpfende, verfehlte Politik der Bonner etablierten Parteien.

[...] Doch solche neuen Bündnisse können, wie dereinst die „Bürgerbewegungen“ in der DDR, nur „von unten“ entstehen. Und es gibt durchaus Anzeichen für weitere Differenzierungen in diese Richtung. In mehreren Ostberliner Bezirken gibt es Tendenzen, daß sich die Grünen vom etablierten „Bündnis90“ abspalten. [...]

Und es ist insgesamt für mich auch noch nicht entschieden, daß sich die noch verbliebenen Linken in den „West“-Grünen von Weiß&Co. nach rechts drängen lassen. Solche Differenzierungsprozesse sind — denke ich — durchaus normal. [...]

Ich stelle mir aber, obwohl gerade aufgrund des (fast beängstigend) guten Wahlergebnisses in die BVV eingezogen, ernstlich die Frage, ob ich meinen Platz als politisch links denkender Mensch künftig in einem „Ost-Bündnis“ neben Diestel und de Maiziere sehen kann. Was sollen dann noch alle Strategiedebatten und die Programmdiskussion für eine linke Partei in Deutschland, die in der PDS geführt werden. Dann könnten wir doch alle gleich der DSU neues Leben einhauchen, oder etwa nicht? Frank Beiersdorff,

Mitglied des Bezirksvorstandes,

PDS Berlin-Hellersdorf

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen