: Was ist sexueller Mißbrauch?
■ Definition und statistisches Ausmaß
Der Gesetzgeber stellt sexuelle Handlungen von Erwachsenen an Kindern (bis 14 Jahre) oder an Schutzbefohlenen grundsätzlich unter Strafe. Bei homosexuellen Handlungen liegt die Altersgrenze bei 18 Jahren. Strafbar sind außerdem – unabhängig vom Alter – Inzest, Exhibitionismus, Vergewaltigung.
Bei SozialwissenschaftlerInnen sind die Definitionen des sexuellen Mißbrauchs unterschiedlich. Der deutsche Sozialwissenschaftler Dirk Bange bezeichnet als „sexuellen Mißbrauch“ an Kindern jede sexuelle Handlung, die an oder vor einem Kind entweder gegen seinen Willen vorgenommen wurde oder der das Kind aufgrund seiner körperlichen und psychischen Unterlegenheit nicht zustimmen kann (also auch beispielsweise eine einmalige exhibitionistische Handlung, auch Mißbrauch durch ältere Jugendliche).
Bange kam bei der Auswertung von fast neunhundert Fragebögen, die er an StudentInnen verteilt hatte, zu dem Schluß, daß jede vierte Frau und jeder zwölfte Mann in der Kindheit mindestens einen solchen „sexuellen Mißbrauch“ erlebt hatte. Nach Untersuchungen aus dem Ausland wurde jedes dritte bis jede fünfte Mädchen und jeder siebte bis zwölfte Junge in der Kindheit sexuell mißbraucht.
Bei der Berliner Beratungsstelle „Wildwasser“ kamen in 187 Fällen von sexuellem Mißbrauch an Mädchen etwa die Hälfte der Täter aus der Kernfamilie, waren also Vater, Stiefvater, Freund der Mutter oder der Bruder. Auch eine Untersuchung aus den USA kam zu dem Schluß, daß bei Mädchen rund fünfzig Prozent, bei Jungen rund vierzig Prozent der Täter der Familie des Opfers entstammten.
Bei „Wildwasser“ waren 18 Prozent der Beratungsfälle Mädchen im Alter von bis zu fünf Jahren, fast fünfzig Prozent im Alter von sechs bis 13 Jahren. Bei Bange lag das Durchschnittsalter beim Mißbrauch bei Mädchen und Jungen bei etwa elf Jahren.
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