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Archiv-Artikel

„Was bieten Sie uns?“

Bremer Türken mischen mit im Wahlkampf. Aber die Vertreter von SPD, CDU, Grünen und FDP geizten mit konkreten Versprechen. Ohnehin dürfen von 14.000 Bremer Türken nur 12.000 wählen

„Mit kommt das mittlerweile so vor, als wäre hier alles in Ordnung“

taz ■ Heiko Strohmann wollte die Wogen schon im Voraus glätten. Er müsse leider ein bisschen früher gehen, witzelte der CDU-Abgeordnete am Dienstagabend auf dem Podium der Plattform Bremischer Türken (auf Türkisch: BTP) im Restaurant Oasis – „weil ich noch mit meinen türkischen Nachbarn zum Grillen verabredet bin.“ „Was können Sie uns anbieten?“, wollte die BTP – traditionell SPD-dominiert – von den Bremer Parteien wissen, und von Seiten der CDU hatte es da zuletzt vor allem dumme Sprüche gegeben. Die noch nicht vergessen sind, wie das Publikum klarmachte. CDU-Landeschef Bernd Neumann müsse sich öffentlich für seine umstrittene „Ahmet und Mehmet“-Äußerung entschuldigen, forderten die Türken.

Der Wahlkampf-Lyrik von CDU-Strohmann („Die Erfolge der großen Koalition sind überall sichtbar“) und von SPD-Mann Mustafa Güngör („Wer Henning Scherf weiter als Bürgermeister will, muss die SPD wählen“), konnten sie eher wenig abgewinnen. Als dann noch der Grüne Matthias Güldner beteuerte, „Migrationsfragen standen immer im Zentrum unserer Politik“, und FDP-Spitzenkandidat Claus Jäger für seine „Partei der politischen Toleranz“ warb, platzte Zehra Arslan vom BTP nach einer Stunde der Kragen. „Mir kommt das mittlerweile so vor, als wäre hier alles in Ordnung.“

In Ordnung ist die Bremer MigrantInnen-Welt nach Ansicht der BTP-VertreterInnen nämlich nicht: Knapp 12.000 der 14.000 hier lebenden TürkInnen etwa dürfen überhaupt nicht wählen – weil sie nach Jahrzehnten in Deutschland immer noch keinen keinen deutschen Pass haben. Doppelte Staatsangehörigkeit? „Die Zuwanderung ist ein Punkt, wo wir mit der CDU nicht zusammen kommen“, entschuldigte SPD-Frau Cornelia Wiedemeyer das Einknicken ihrer Partei.

Viel zu hoch sind nach Ansicht des BTP auch die Einbürgerungs-Gebühren. Und der inzwischen vorgeschriebene Sprachtest stelle für viele längst pensionierte GastarbeiterInnen der ersten Generation ein schier unüberwindbares Hindernis dar. „Als man uns vor 40 Jahren in der Türkei angeworben hat, waren Deutschkenntnisse auch nicht nötig“, ärgerte sich einer von ihnen.

Als „unhaltbar“ bezeichneten viele zudem die Zustände auf der Ausländerbehörde. Keiner der Parteienvertreter auf dem Podium wollte da widersprechen. „Da muss was passieren“, gestand CDU-Strohmann, Matthias Güldner (Grüne) sprach vom „Bürgerservice siebter Klasse“ und warb: „Das würden wir sofort ändern.“ Arslan stellte das nicht zufrieden: „Die Kritik an der Ausländerbehörde gibt es doch schon seit 20 Jahren.“

Am späten Abend dann ließ jemand ein papierenes Platzdeckchen herumgehen: Welche Partei denn nach all den Statements nun am ehesten überzeugt habe, lautet die Frage. Die sicher unrepräsentative Antwort: SPD, CDU und FDP waren es jedenfalls nicht.

Armin Simon