: Was bedeutet uns Wachstum?
betr.: „Wir stehen am Rande der Krise“, Interview mit Klaus Zimmermann, taz vom 11. 7. 01
Solch ein populistischer Spruch, was für eine Worthülse! – Und was bedeutet uns Wachstum? Nach Seneca vollzieht sich alles wahrhaft Große erst durch langsames unmerkliches Wachsen. So gesehen ist ein Wachstum von ein Prozent doch eine ganz verlässliche Größe!
Was nützt es uns, zur Steigerung des Einzelhandelsumsatzes die Ladenöffnungszeiten zu reformieren, wenn die Wirtschaft ihre Arbeitnehmer als optimal disponiblen Faktor betrachtet und damit seit Jahren kontraproduktiv auf die allgemeine Kaufkraft einwirkt? Wozu braucht man den Staat mit Arbeitsmarkthilfen aus Steuergeldern und zusätzlicher Neuverschuldung? Um Managementfehler auszubügeln? Wer hat denn die grundsätzlich notwendige Ausgewogenheit unter den Faktoren Grund (und Boden), Kapital und Arbeit gestört?
Ist es nicht richtig, wenn endlich einmal ein Finanzminister seinen Laden in Ordnung bringt und keine neuen Schulden mehr machen will? [...] Ist nicht sparen, echtes Eigenkapital bilden ein uraltes Erfahrungsprinzip? Und ist der Staat (und auch die Wirtschaft!) nicht die Summe aller Bürger?
Warum ziehen die Kreditinstitute die reine Sparquote ständig nach unten und die durchschnittlliche private Verschuldung immer weiter nach oben? Ist es das immer wieder neu zusammengeraffte Risikokapital wert, von Greenhorns im Teufelskreis immer neuer Produkte ständig leichtfertig verpulvert zu werden? Wollen wir unbedingt dem amerikanischen Vorbild folgen, das Anwachsen der privaten Verschuldung weiter zulassen, dass der Einzelne letzten Endes dann jede Art Arbeit und zu jedem Preis annehmen muss, um sich über Wasser zu halten?
VOLKER METES, Filderstadt
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