: Was Religionsunterricht leistet
betr.: „Ethikunterricht ist unersetzlich“ von Kirsten Wiese, taz vom 22. 9. 08
Der Diskussionsbeitrag von Kirsten Wiese offenbart ein wenig realistisches Bild von dem, was Religionsunterricht tatsächlich leistet: LehrerInnen im bekenntnisgebundenen Religionsunterricht steht es keineswegs frei, „nur eine bestimmte Religion zu vermitteln und zu propagieren“. Ein Blick zum Beispiel in die Bildungspläne für den evangelischen und katholischen Religionsunterricht in Baden-Württemberg zeigt, dass fundiertes Wissen über die großen Weltreligionen zum unverzichtbaren Inhalt des Religionsunterrichts gehört. Zur Vermittlung dieser Inhalte sind konfessionelle LehrerInnen verpflichtet! Darüber hinaus sollen sie die Begegnung und den Dialog mit Angehörigen anderer Glaubensrichtungen fördern (zum Beispiel durch Besuche in Moscheen oder Synagogen, durch Interviews mit Menschen anderer Weltanschauungen, durch die Beschäftigung mit atheistischen Positionen). Toleranz, die Fähigkeit zum Dialog, zur Argumentation, zum eigenständigen Urteilen werden im Religionsunterricht zum Teil auf hohem Niveau vermittelt und geübt. All das, was jeder gute Ethikunterricht auch beabsichtigt.
Und darüber hinaus? In „Reli“ begegnen SchülerInnen Lehrenden, die zugegebenermaßen nicht „neutral“ über Gott und die Welt reden. Nach langjähriger Erfahrung als Religionslehrerin merke ich immer wieder, wie sehr Heranwachsende Menschen suchen, die einen Standort vertreten. Die sie nach ihrem Glauben fragen können. Die Zweifel und Nichtwissen zugeben. Die authentisch zu sein versuchen. Mit deren weltanschaulichem bzw. religiösem Standpunkt man sich deshalb auch auseinandersetzen – und abgrenzen – kann. Nicht ohne Grund findet der Religionsunterricht in Baden-Württemberg nach wie vor viel Zustimmung. Auch bei konfessionslosen oder andersreligiösen (zum Beispiel muslimischen) Eltern, Kindern und Jugendlichen. RITA MAKARINUS, Offenburg