■ Mit der Autokrise auf du und du: Warum kauft keiner?
Frankfurt (taz/AP) – Die deutsche Autoindustrie will weiter massiv Stellen kappen: Innerhalb der nächsten zwei Jahre werden die Unternehmen nach Einschätzung des Verbandes der Automobilindustrie (VDA) weitere 100.000 Arbeitsplätze abbauen. 1991 waren noch 787.000 Menschen in der Branche beschäftigt, „mittelfristig steuern wir auf unter 600.000 zu“, sagte Verbandsgeschäftsführer Achim Diekmann gestern. Auslöser für den massiven Personalabbau sei die anhaltende Absatzkrise: Für 1993 rechnet Diekmann lediglich mit 3,1 Millionen verkaufter Pkw, ein Fünftel weniger als 1992.
Zwei Wochen vor der 55. Internationalen Automobilausstellung, die am 9. September in Frankfurt beginnt, zeichnete der VDA ein düsteres Branchenbild. Die Produktion wird den Schätzungen zufolge in diesem Jahr nur noch knapp über vier Millionen liegen. Damit werden rund eine Million Einheiten weniger von den Bändern laufen als 1992. Vor diesem Branchenhintergrund hatte am Dienstag abend bereits Mercedes einen zusätzlichen Abbau von 14.000 Stellen angekündigt.
„Auch wenn die Kurve seit dem Frühjahr wieder leicht nach oben weist, wird sich die Erholung nur sehr langsam vollziehen“, warnte der VDA-Geschäftsführer. Für das nächste Jahr sei bei optimistischer Einschätzung allenfalls ein Zuwachs von fünf bis sechs Prozent drin. Voraussetzung dafür sei ein verbesserter Export, der die deutschen Unternehmen in diesem Jahr im Stich gelassen habe. So lagen die Ausfuhren von Personen- und Nutzfahrzeugen in den ersten sieben Monaten um 22 Prozent unter den Ergebnissen des Vorjahres.
Sorge bereitet dem Verband die Flucht seiner Mitglieder, vor allem aus dem Zulieferer-Bereich, ins Ausland. So planen einer Umfrage zufolge rund 65 Prozent aller Teilehersteller, Produktionsstätten nach außerhalb zu verlegen.
VDA-Präsidentin Erika Emmerich nutzte die düsteren Aussichten gestern, um die Politik für die aus VDA-Sicht zu harten Umweltauflagen zu schelten. Es sei ein Spiel mit dem Feuer, wenn die Politik in einer so kritischen Konjunkturphase die Steuer- und Abgabenbelastung weiter erhöhe. Die vorgesehene Anhebung der Mineralölsteuer führe zu einer weiteren Verteuerung der Transportleistungen und werde die Erholung der Autonachfrage hinauszögern. Emmerich forderte ein Ende nationaler Alleingänge in der Umweltpolitik.
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