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Warum es in „OL“ so schön ist

■ Unternehmer-Lob für rot-grünes Bündnis: Oldenburg zur „unternehmerfreundlichsten“ Stadt gekürt

Oldenburgs Stadtväter klopfen sich seit Tagen frohlockend auf die Schultern. Der Grund: Oldenburg ist der diesjährige Preisträger des Wettbewerbs „Wo liegt die unternehmerfreundlichste Stadt Deutschlands“, der zum zweiten Mal vom Bundesverband Junger Unternehmer (BJU) und der Zeitschrift „Wirtschaftswoche“ ausgerichtet wurde. In deren Auftrag hatte das Dortmunder Meinungsforschungsinstitut Forsa insgesamt 1.665 Eigentümer -Unternehmer in den 50 größsten Städten des Bundesgebietes nach der Bedeutung von Standortfaktoren und der Zufriedenheit in der jeweiligen Stadt gefragt. Die ermittelten Daten wurden dann mit statistisch erfaßbaren Standortqualitätsmerkmalen zu acht Bewertungsgruppen zusammengefaßt. Überraschendes Ergebnis: Nicht die industriellen Zentren, sondern Mittelstädte liegen vorn; nicht der prosperierende Süden macht das Rennen, sondern die vernachlässigten Nordstädte. Unter den zehn erstplazierten Orten befinden sich neben dem Sieger Oldenburg drei weitere niedersächsische Städte: Braunschweig (3.), Osnabrück (4.) und Hannover (10.).

Für die Stadt Oldenburg, so die Rechnung der Stadtväter, bedeutet diese Auszeichnung eine finanzielle Entlastung des Werbeetats und eine kostenlose bundesweite Image-Kampagne. Die Stadt, die bislang vor allem mit hohen Arbeitslosenraten von sich reden machte, trumpft nun mit Schlagzeilen auf, die eine künftige Gewerbe- und Industrieansiedlung erleichtern sollen. Bei den Untersuchungs-Kriterien Wirtschaftsklima, Umfeld für Ansiedlungen, Lokaler Arbeitsmarkt, Energie und Wasser, Verkehr und Lebensqualität liegt Ol

denburg weit über dem Durchschnitt der bundesdeutschen Konkurrenten. Beleg für die Tatsache, daß die Wirtschaft vor rot-grünen Kommunalbündnissen nicht Reißaus nimmt. Aber wohl auch Indiz dafür, daß die neuen linken Mehrheiten bei der kommunalen Wirtschaftsförderung die eingetretenen Pfade nicht verlassen haben.

Wes Geistes Kind in Gestalt der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands in Oldenburg Regierungsgewalt ausübt, offenbart sich bei genauerer Betrachtung der Unternehmer-Studie. Die höchsten Noten heimste die Stadt beim Indikator Energie und Wasser ein. Die Ursache: Kaum ein anderes Energieversorgungsunternehmen räumt Industrie und Wirtschaft so künstige Konditionen bei den Preisen für Strom, Gas und Wasser ein wie die Oldenburger EWE - bei entsprechend höheren Preisen für die Privathaushalte.

„Oldenburg mit seinen 141.000 Einwohnern liegt ganz vorne in der Beurteilung des lokalen Arbeitsmarktes und des Angebotes an Gewerbeflächen,„ schreibt die Zeitschrift Wirtschaftswoche in ihrer jüngsten Ausgabe in Auswertung der Studie. „In keiner der 50 Großstädte ist das Lohnniveau für Facharbeiter so niedrig wie in Oldenburg,„ fährt der Text fort. Einem durchschnittlichen Facharbeiter-Lohn von 26.000 Mark Brutto pro Jahr stehen 40.000 Mark-Verdienste an Standorten wie Wolfsburg, Leverkusen und Ludwigshafen gegenüber.

Daß sich hinter dem Kriterium „Umfeld für Ansiedlungen“ in erster Linie preiswerte Gewerbeflächen, niedrige Gewerbesteuersätze und besondere Investitionszuschüße verbergen, ist in der Wirtschaftswoche ebenso nach

zulesen wie die übrigen Vorzüge. „Während überall qualifizierte Leute händeringend und sehr oft vergeblich gesucht werden, können ansiedlungswillige Unternehmer in Oldenburg auf ein überdurchschnittlich hohes Angebot an qualifizierten Beschäftigten und Arbeitslosen zurückgreifen. Günstige Energiepreise, gute Noten für die Behörden, schneller Autobahnanschluß ohne Staus und die Höchstpunktzahl für Freizeit und Wohnwert runden das positive Bild dieser Stadt ab.„ Noch streiten sich die Fraktionäre von SPD, CDU und FDP, wer den Hauptanteil am Erfolg aufs eigene Konto verbuchen kann. Sicher ist wohl nur, daß die Mehrheit der BürgerInnen, die bei den letzten Kommunalwahlen für eine neue linke Regierung votierte, damit nicht eine Politik der Niedriglöhne, hoher Arbeitslosigkeit und weiterer Autobahnanschlüße gemeint haben kann.

Insofern mag es folgerichtig sein, daß Oldenburg ausgerechnet für den einen Bereich im Minus landet, der sich mit Kopf und Konzept dem Dienst an der gesamten „strukturschwachen“ Region verschrieben hat. Für „Forschung und Wissenschaft“ der Universität gab es schlechte Noten. Michael Daxner, Präsident der Hochschule , münzte dies in eine Kritik an Unternehmerverband und Landesregierung um. Den Unternehmern fehle offensichtlich der vorausschauende Blick für eine umfassende Regionalpolitik. Genau die aber betreibe die Hochschule in Oldenburg mit ihren Mitteln. Dabei komme ihr zunächst eine soziale und kulturelle Funktion zu, die mit dazu beitrage, daß die Region nicht ausblutet, alte Dorf- und Familienstrukturen nicht zerstört werden. Überdies sei Oldenburg

und sein Umland eine Region, die keine alte, entsorgungsbedürftige Industrielandschaft aufweise, sondern viel regenerationsfähige Naturräume habe. In der notwendigen Forschung zur Erhaltung dieser Ressourcen habe die Universität mittlerweile allseits akzeptierte Kompetenzen erworben. Ihre wissenschaftliche Koperation biete sie auf den Gebieten Meeresforschung, Ressourcenschonung oder Nutzung regenerativer Energien an.

An die Adresse der Landesregierung richtete Daxner den Vorwurf, jahrelang den Südosten Niedersachsens bei der Neuansiedlung von Einrichtungen für Forschung und Wisenschaft bevorzugt zu haben. Insofern, so Daxner, bestätige das Umfrage-Ergebnis auch die Forderungen der Hochschule. Denn die Liste der bislang abgelehnten Wünsche nach zukunftsorientierten Wissenschaftsdisziplinen ist lang.

Andreas Hoetzel

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