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Warnstreik beginnt in 1.200 Kitas

■ Streikwelle im öffentlichen Dienst dauert bis Mittwoch

Der Tarifstreit zwischen Bund und Ländern einerseits und den bundesweit 3,2 Millionen Beschäftigten im öffentlichen Dienst andererseits stellt heute die Berliner vor eine erste Belastungsprobe. Von sechs bis neun Uhr früh wollen die Mitarbeiter der 1.200 Kindertagesstätten ihre Arbeit niederlegen. Etwa zur gleichen Zeit streiken alle 23 Bezirksämter, die Ganztagsschulen und die Arbeitsämter.

Die Post will heute rund 60.000 Briefe und 8.000 Päckchen liegenlassen, die für den Ostteil bestimmt sind. Die Warnstreiks setzen ÖTV, DAG, GEW, die Postgewerkschaft und die Polizeigewerkschaft GdP bis Mittwoch fort: morgen schwerpunktmäßig in Unis, Fachhochschulen und Krankenhäusern, am Mittwoch früh bei der BVG. An diesem Mittwoch verhandeln die Arbeitgeber der öffentlichen Hand und die Gewerkschaften in Stuttgart weiter.

ÖTV-Chef Kurt Lange verstärkte am Wochenende seine Kritik am Senat – insbesondere an der SPD. Der Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing warf er vor, „kein Verständnis für den Zusammenhang von Finanz- und Wirtschaftspolitik“ zu haben. Die von der SPD geführte Spardiskussion sei darüber hinaus „ausgesprochen flach“, die Partei verrate „ihre Prinzipien“. Eingespart werden dürfe nur, wenn die Konjunktur laufe.

Der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) hält dagegen am Sparkurs fest. Die ÖTV fordere Mehrausgaben von 641 Millionen Mark. Er vermisse bei den Gewerkschaften angesichts leerer Kassen „jegliches Augenmaß“. Innensenator Jörg Schönbohm (CDU) sprach sich indirekt für eine Umverteilung im öffentlichen Dienst aus: In den unteren Gehaltsgruppen müsse es einen Ausgleich für die gestiegenen Lebenshaltungskosten geben. Die Arbeitszeiten müßten flexibilisiert, Beamte bereits ab 55 Jahren beurlaubt werden können.

Der SPD-Fraktionschef Klaus Böger (SPD) verschärfte die Spardebatte. Er stellte die Existenz einzelner Universitäten und Theater in Frage. Drei Unis seien „kontraproduktiv und nicht mehr finanzierbar“. Wissenschafts- und Kultursenator Peter Radunski (CDU) verteidigte die Einrichtungen als Standortvorteile der Hauptstadt.

Bei den Tarifauseinandersetzungen stellte sich nur die PDS auf die Seite der Gewerkschaften. Der Präsident des Landesrechnungshofs, Horst Grysczyk, warnte wiederum vor der von ÖTV-Chef Lange geforderten höheren Neuverschuldung. Von einem „Kaputtsparen“ könne angesichts von 40 Milliarden Mark Ausgaben keine Rede sein. Dirk Wildt

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