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Wallmann will Molke zwischenlagern

■ Ort der Lagerstätte soll nicht preisgegeben werden / Bayerns Umweltminister hatte Joschka Fischer in Hessen bereits Ende Oktober 1986 um Amtshilfe gebeten / Aufwendiges Beseitigungsverfahren

Bonn (dpa) - Seit Freitag ist der Bund Besitzer der 5.000 Tonnen Molkepulver, die als strahlenverseuchtes Gut in Güterwaggons bei Rosenheim, Köln und Bremen seit Tagen die Öffentlichkeit beschäftigen. Der Sprecher des Bundesumweltministeriums, Detlef Diehl, zeigte sich vor Journalisten überzeugt davon, daß die Strahlenmolke bis Mitte nächster Woche in Zwischenlagerstätten untergebracht sei. Die Orte nannte er mit Hinweis auf entsprechende Wünsche der Lagerstätteninhaber nicht. Offenbar soll so vermieden werden, daß in der Umgebung der Lagerorte neue Unruhe über die radioaktive Strahlung entsteht, die allerdings nach Angaben des Umweltministeriums ungefährlich ist, solange sie nicht in den Nahrungskreislauf gelangt. In welcher Form die Strahlenmolke in der BRD beseitigt werden soll, ist nach Darstellung Diehls offen. In Frage komme z.B. eine Verbrennung. Andere Verfahren sind, wie Heinz–Jörg Haury von der Gesellschaft für Strahlen– und Umweltforschung (GSF) am Freitag weiter sagte, sehr aufwendig. Beide Methoden lösen auf chemischen Wege das radioaktive Cäsium aus der Molke. Die radioaktiven Überreste müssen, wie radioaktiver Abfall generell, zwi schen– und endgelagert werden. Noch aber gibt es keine genehmigte Endlagerstätte in der BRD Bayerns Umweltminster Alfred Dick (CSU) hat seinen hessischen Amtskollegen Joschka Fischer (Grüne) bereits im Oktober vorigen Jahres um Amtshilfe bei der Beseitigung des Molkepulvers gebeten. In einem Schreiben vom 27. Oktober, das der Deutschen Presse–Agentur zugeleitet wurde, bezeichnete Dick das Molkepulver als „Abfall“. Dennoch ist es in der vergangenen Woche, als „Wirtschaftsgut“ deklariert, mit Güterwaggons der Bundesbahn von Bayern nach Bremen und Köln transportiert worden. In seinem Brief hatte Dick sein Ansinnen damit begründet, daß eine Lagerung der Molke auf einer Haus– und Sondermülldeponie nicht möglich sei, da sie dort faule. Ein Verbrennen gehe nicht „wegen der Gefahr einer Staubexplosion“. Im Dezember hatte Dick Fischer in einem zweiten Brief mitgeteilt, die Anfrage habe sich erledigt. Unterdessen hat die „Verbraucher Initiative“ den Umweltminister aufgefordert, sich auch um den importierten hochverstrahlten türkischen Tee zu kümmern, der aufgekauft und aus dem Verkehr gezogen werden müsse.

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