piwik no script img

■ Cash & CrashWall-Street-Domino

Berlin/New York (taz/AP) – Die Pessimisten, die seit Wochen ein Ende des weltweiten Aktienkurs-Höhenflugs prognostizieren, scheinen Recht zu behalten. Seit eineinhalb Wochen erleidet die Börse an der Wall Street einen Schwächeanfall nach dem anderen. Mittlerweile tritt ein Dominoeffekt ein: Gestern fielen erneut auch an anderen Weltbörsen reihenweise die Kurse.

Nachdem am Montag in New York der Dow-Jones-Index um fast drei Prozent oder 161,05 Punkte auf 5.349,51 Punkte abrutschte – das ist der tiefste Stand seit Jahresbeginn – gab zunächst in Tokio der Nikkei- Index um 1,6 Prozent nach. Wegen der Zeitverschiebung reagierten erst dann die europäischen Börsen, ob London, Paris, Zürich oder Frankfurt. Dort sürtzte der Dax, wie sein US- Pendant am Tag zuvor, um drei Prozent ab: um 80,74 auf 2.469,79 Punkte. Für Unsicherheit sorgte hierzulande auch der Dollarkurs. Die US-Währung verbilligte sich um 2,29 Pfennig auf 1,5016 Mark. Das bedeutet verschärfte Konkurrenz für die deutschen Exporteure, deren Kurse daher zuerst einbrachen.

In den USA hat die Malaise bei den High-Tech-Firmen ihren Ausgang genommen. Auch am Montag fielen die Kurse an der Nasdaq-Börse, an der vor allem Technologiewerte gehandelt werden, mit vier Prozent überdurchschnittlich stark. Computeraktien wie IBM, Digital Equipment und Texas Instruments erreichten jeweils den tiefsten Stand seit über einem Jahr. Das Zittern in New York wird sich mindestens noch bis morgen fortsetzen. Dann hält Notenbankpräsident Alan Greenspan seine halbjährliche Rede vor dem Kongreß. Wenn er darin auch nur irgendeine Andeutung macht, die auf eine mögliche Zinserhöhung schließen lassen könnte, dürfte ein mittelschweres Börsenbeben die Folge sein.

Nachdem Bundesbankpräsident Hans Tietmeyer gestern sagte, für eine Erhöhung der deutschen Leitzinsen gebe es in absehbarer Zukunft keinen Anlaß, sehen jedoch viele Börsenanalysten die Grundstimmung am deutschen Aktienmarkt weiterhin positiv. Und auch wenn der Dow Jones inzwischen schon sieben Prozent gegenüber seinem Rekordstand vom 22. Mai verloren hat – selbst in den USA glaubt kaum niemand so recht an einen echten Crash wie 1987, als der Dow Jones auf einen Schlag um 500 Punkte abstürzte. Und Glauben oder Psychologie sind in solchen Situationen entscheidend. lieb

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen