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Waldorfpädagogik – ja oder nein

betr.: „Kräfte, die zum Aussterben führen“, taz vom 20. 9. 00

[...] Warum ihr noch immer so unkritisch mit der Pädagogik umgeht, ist mir nicht verständlich. Die Sichtweise eines Rudolf Steiners über die Behandlung und Erziehung von Kindern steht seinem sonstigen Gedankengut in nichts nach. Bei einer leider sehr verbreiteten Schulform liegt es doch nahe, sich mal damit auseinander zu setzen, was diese Leute sich dort ranzüchten und mit was für Methoden vor allem. [...] Geht doch mal auf eine Schülertagung der Waldorfschulen und fragt die Jugendlichen nach Problemen, nach Möglichkeiten der Konfliktbewältigung, nach Schülermitsprache/Schülervertretung, nach dem Umgang mit Aufklärung und Sex.

Fragt sie doch mal, was ihnen wiederfährt, wenn sie nicht auf der Anthrowelle mitschwimmen wollen und wenn sie verlangen, selbst denken zu dürfen, wenn sie Fragen nach Sinn und Zweck von Eurythmie stellen oder ein nicht konformes Aussehen an den Tag legen. Was passiert mit Schülerinnen die plötzlich schwanger sind?

Eurem Artikel über die Einschüchterung auf Waldorfart war zu entnehmen, dass ihr diese alltäglichen Praktiken der Anthroposophen nicht erfreulich findet und dennoch bietet ihr eine Art Aussöhnung an. Diese Bewegung wird sich auch nicht verbessern, wenn sie den Schritt bewältigen würde, sich von Steiners rassistischen Theorien zu distanzieren. Das ist eben nicht das einzige Problem. NAME UND ANSCHRIFT sind der Redaktion bekannt

[...] Hamann schreibt Steiner Ideen zu, die Steiner nie oder ganz anders als insinuiert vertreten hat. Einige Beispiele:

Steiner hat nie eine „unvergängliche Wissenschaft“ propagiert. Noch endet für Steiner die menschliche Entwicklung „in einigen Jahrtausenden auf dem Gipfel der Vollkommenheit, der so genannten Gottseligkeit“. Noch ist für Steiner Sex „grob, nieder und verderblich, wo immer er um seiner selbst willen betrieben wird“ – hier verwechselt Hamann offensichtlich Steiner mit gewissen kirchlichen Lehren.

Es zählen bei Steiner auch nicht die „arischen Rassen“ zu den „wenigen Auserwählten“. Tatsächlich vertrat Rudolf Steiner, „dass der Rassebegriff aufhört eine jegliche Bedeutung zu haben in unserer Zeit“. Jutta Ditfurth und Peter Bierl vermitteln in ihren Büchern einen anderen Eindruck, indem sie alles ausblenden, was nicht in ihr Ökolinx-Feindbild passt und auch nicht davor zurückschrecken, Quellen geschickt zu entstellen.

Was Waldorf anbelangt: Lehrer sollen weder „die Rolle des Eingeweihten mindestens adaptieren“, noch sehen sie den „Körper als notwendiges Übel“, noch trifft den Sport „das Verdikt des Verderblichen“. Im Gegenteil: An jeder Waldorfschule gibt es ganz normalen Sportunterricht. Auf das Lernen über das körperliche Tun wird gerade ein besonderer Wert gelegt.

Dialog? Gerne! Aber mit etwas mehr Niveau und in einem einigermaßen fairem Verhältnis von Pro und Contra.

DETLEF HARDORP, Bildungspolitischer Sprecher der

Waldorfschulen in Berlin-Brandenburg

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